Froh zu sein bedarf es wenig

■ Kulturmesse zur Beeindruckung — von Gegnern? / Kulturkampf mit dem Mittel der Anwesenheit

Wir Sammler von Kleinst-Eindrücken und anderem Plankton hatten's gut in der Eishalle: lauter Leutewimmeln und Surium, Stelltafeln und Videogeräte; da, aus Lautsprechern kommt dünnes Quäksen und wäßriges Geblubber: dahinter sitzt, mit gespitztem Mund, ein Junge mit Mikrophon und lauscht, kurzgeschlossen, seiner elektronisch verwunschenen Stimme. Von der großen Bühne hört man eine Sängerin mit Musical-Liedchen. Hoch wirft sie ihre Stimme in die Luft, während rechts neben der Bühne einer in den grellen Lichtkreis stolpert, versehentlich, einer mit Kroko- Geigenkasten, und vorübergehend erstarrt und blinzelt. Vom anderen Hallenende her schneidet eine schnarrende Stimme durch den Lärm, ein Deklamateur, also hin.

Vorbei an Infoständen. Da liegen Programme alter Inszenierungen, Kataloge alter Ausstellungen, dahinter sitzen Menschen, und wenn man lächelt, lächeln sie sehr wohl zurück. Von den Erfindungen der alten Spezis Agit und Prop ist der Infostand gewiß die nützlichste. Kann man denn, wie vorgehabt, eine Kulturmesse machen? Hier in der Eislaufhalle ist einerseits schon halbwegs die bremische Szeneria angetreten, andererseits haben die Leute von heimischem Glanz und Gloria natürlich nur mitbringen können, was einigermaßen in einen Koffer geht. Auf einem Plakat steht handgeschrieben: Wir nehmen den Kampf auf.

Kämpfe dieser Gewichtsklasse bestehen aus erstens der Beeindruckung des Wunschgegners und zweitens der hierfür unerläßlichen Anwerbung von alliiertem Publikum. Erforderlich ist ein Klima von gewisser Hitzigkeit, in der Eishalle war es vorwiegend nestwarm. Bremen hat, schien es, allerlei freundliche und sonderbarerweise immer noch unaufgeregte Kultur.

Der plakatierte Kulturkampf wurde von den meisten Gruppen mit dem Mittel der Anwesenheit geführt. Das ist, in dieser Breite, schon mal ein Anfang, aber ein Ereignis, das sich als Argument für mehr Geld versteht, braucht eine andere als diese bloß additive Inszenierung, wo hintereinander im Gänsemarsch Kürzest-Darbietungen einander oftmals über die Füße stolperten.

Mir hätte gefallen: die sanfte Überwältigung durch ein bißchen Überfülle, sechs kleine Theaterbühnen nebeneinander, dafür ohne Lautsprecher, die einen probend, die andern mit einem neuen Stück, von mir aus stundenlang; KünstlerInnen in Tätigkeit, Kulturprozesse, mehr Möglichkeiten, mitzumachen, kulturelle Technologien auszuprobieren; mehr Verlockung, weniger Katalog. Einmal fiel der Spruch: „Froh zu sein bedarf es wenig“. Bloß Leute gewinnen ist schwer. Manfred Dworschak