Mazowieckis Kandidatur wird begrüßt

Auch im Lager der Gegner Genugtuung/ Hinter Walesa steht fast die gesamte Solidarnosc, hinter Mazowiecki eine Koalition von Intellektuellengruppen/ Auch die Ex- Realsozialisten kandidieren  ■ Aus Warschau Klaus Bachmann Mit Zustimmung aus allen politischen Lagern ist am Freitagmorgen die Ankündigung von Premier Mazowiecki aufgenommen worden, für das Präsidentenamt zu kandidieren. Selbst ein Sprecher der „Zentrumsverständigung“, die seit Monaten Lech Walesa als Präsidenten propagiert, begrüßte die Entscheidung. Man sei froh, daß somit die Lage nach der Unklarheit der letzten Wochen entschieden worden sei. „Mazowiecki ist der einzige Rivale, der Walesas würdig ist“, meinte die Wochenzeitung 'Solidarnosc‘ in einer ersten Stellungnahme. Nun hätten die Wähler wirklich eine Auswahl. Von der „Demokratischen Aktion“, in Polen unter dem Kürzel RAOD bekannt, kam ebenfalls ein Stoßseufzer. „Daß die Entscheidung jetzt gefallen ist, erleichtert uns den Wahlkampf natürlich sehr“, meinte ein Sprecher der Gruppierung. Senatsmarschall Andrzej Stelmachowski wird nun nicht kandidieren. Er hatte sich als Ersatzkandidat für Mazowiecki zur Verfügung gestellt.

Bis jetzt kann Mazowiecki mit der Unterstützung von RAOD und dem „Forum der Demokratischen Rechten“, dem auch einige seiner Minister angehören, sowie liberalen Katholiken aus dem Umfeld der katholischen Wochenzeitung 'Tygodnik Powszechny‘ und der von deren Chefredakteur Turowicz gegründeten „Krakauer Inititiative“ rechnen. Darüber hinaus stehen kleinere Teile der Gewerkschaft Solidarnosc hinter Mazowiecki.

Walesa hingegen hat die Gewerkschaft fast geschlossen hinter sich gebracht: Bei einer Abstimmung über seine Kandidatur in der Landeskommission, dem höchsten Gremium außerhalb des Delegiertenkongresses, stimmten 67 für Walesas Kandidatur, nur 10 dagegen. Walesa unterstützen außerdem die Zentrumsverständigung um den „Tygodnik Solidarnosc“, mehrere christdemokratische und christlich-nationale Gruppen bis hin zur rechtsradikalen Splittergruppe „Nationale Partei“ sowie die Polnische Sozialdemokratische Union des ehemaligen Reformkommunisten Tadeusz Fiszbach. Die PVAP-Nachfolgepartei „Polnische Sozialdemokratie“ hat dagegen angekündigt, einen eigenen „Kandidaten der Linken“ aufzustellen — als wahrscheinliche Kandidatin gilt die geachtete Bürgerrechtsombudsfrau und Staatsrechtlerin Ewa Letowska. Die kleine Rechtspartei „Union für Realpolitik“ hat bereits die Kandidatur ihres Parteivorsitzenden Korwin- Mikke, eines Politikers von hohem Unterhaltungswert, bekanntgegeben. Der dürfte allerdings Mühe haben, die notwendigen 100.000 Unterschriften zu sammeln. Unentschieden sind indessen noch die postkommunistischen Gewerkschaften OPZZ, deren Chef Alfred Miodowicz ankündigte, wenn keiner der Kandidaten den Anforderungen seiner Gewerkschaft gerecht werde, man einen eigenen Kandidaten — voraussichtlich ihn, Miodowicz selbst — aufstellen werde.