Hohe Haftstrafen im Börsenprozeß verhängt

Frankfurt (taz) — Im 129a-Prozeß um den Brandanschlag auf die Frankfurter Wertpapierbörse vom 12.April 1989 hat der Staatsschutzsenat am Oberlandesgericht Frankfurt gestern hohe Haftstrafen verhängt. Der 4. Strafsenat verurteilte Gabi H., Sigi H. und Sven S. nach achtmonatiger Verfahrensdauer wegen „schwerer Brandstiftung, Sachbeschädigung und Unterstützung einer terroristischen Vereinigung“ zu jeweils sieben Jahren Haft. Der Senat entsprach damit den Strafforderungen der Bundesanwaltschaft, die Verteidigung hatte Freisprüche verlangt. Gegenüber der taz kündigten die RechtsanwältInnen an, gegen das Urteil Revision einzulegen.

Die Beteiligung der drei Angeklagten am Anschlag sei durch die Beweisaufnahme belegt, erklärte der Vorsitzende Richter, Dieter Adam, in der mündlichen Urteilsbegründung. So hätten die drei zu einer sechsköpfigen Gruppe gehört, die sich am 12. April Zugang zur Börse verschafft habe. Gegen einen Angeklagten wird noch in einem abgetrennten Verfahren verhandelt, die beiden anderen Mittäter sind unbekannt. Die drei Verurteilten wurden nach dem Verlassen der Börse wenige hundert Meter vom Tatort entfernt festgenommen. Im Gebäude der Börse hätten die Vermummten 40 Molotow-Cocktails geworfen. Computer und Einrichtungsgegenstände im Wert von 130.000 DM seien zerstört worden, hinzu käme ein Brandfolgeschaden von 400.000 Mark. Zwar sei es durch die Brandsätze zu keinen eigenständigen Bränden gekommen, das Gebäude nicht in Brand geraten, doch reiche es für eine Verurteilung wegen schwerer Brandstiftung (StGB §306) aus, daß dies beabsichtigt gewesen sei, befand Richter Adam.

Stefan Minden, Verteidiger im Börsenverfahren, hält die Begründung für eine Verurteilung wegen Brandstiftung für „aberwitzig“: Noch in der Beweisaufnahme waren die Staatsschutzrichter davon ausgegangen, daß die Zusammensetzung der Brandsätze nicht geeignet gewesen sei, um Brände zu entfachen. Stefan Minden: „Das Verfahren hat keinen Beweis erbracht, daß es einen Brandstiftungsvorsatz gab. Wenn überhaupt, handelt es sich um Sachbeschädigung.“ Im Bekennerschreiben habe es zudem ausdrücklich geheißen, daß die Aktion lediglich die Kommunikationsstränge der Börse lahmlegen sollte.

Den Straftatbestand der „Unterstützung einer terroristischen Vereinigung“ (§129a StGB) sah der Senat im Bekennerschreiben erfüllt: Der Anschlag am 71. Tag des damaligen 10. Kollektiven Hungerstreiks der Gefangenen aus RAF und Widerstand habe die Forderung nach Zusammenlegung unterstützen sollen. Außer einzelnen Passagen des Bekennerschreibens nannte der Senat keine weitere Begründung für die 129a-Verurteilung. M.B.