Unruhe in Ruhleben

■ Umweltschützer und Anwohner protestieren gegen neuen Müllofen

Berlin. Gegen den geplanten neuen Kessel in der Müllverbrennungsanlage in Ruhleben wachsen die Proteste. Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens sind bereits knapp 500 Einwendungen bei der Senatsumweltverwaltung eingegangen, teilte gestern der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) mit. Auf 29 Seiten listeten die Umweltschützer jetzt ihre Bedenken gegen den neuen Müllofen auf, in dem jährlich 63.300 Tonnen Abfall verfeuert werden sollen. Auf einem Erörterungstermin können die Bürger morgen ihre Einwände gegen die Anlage vorbringen, die von der privaten Firma GEB gebaut und betrieben werden soll. Erstmalig in Deutschland soll eine japanische Technik genutzt werden, die den Schadstoffausstoß minimieren könnte — so zumindest die Hoffnung von Senatsumweltverwaltung und Stadtreinigung. Sie soll den Müllofen nach fünf Jahren übernehmen, wenn sich die neue Technik bewährt.

Bei den Anwohnern hält sich die Fortschrittsbegeisterung jedoch in Grenzen. »Hier ist schon dieser riesige Müllofen«, moniert Ruth-Brigitte Wenthur von der Charlottenburger BI Energieplanung und Umweltschutz. Standortalternativen seien bisher nicht untersucht worden, klagt der BUND, obwohl der neue Müllofen »von bereits smogbelasteten Wohngebieten« umgeben werde und damit »ungeeignet und planungsrechtlich unzulässig ist«. Die neue Anlage erfüllt nach Ansicht der BUND-Experten beim Ausstoß von Schadstoffen wie dem hochgiftigen Dioxin nicht den »Stand der Technik«. Die Grenzwerte seien zu hoch angesetzt, nachgeschaltete Aktivkohlefilter hätten die Anlagenbetreiber bisher nicht vorgesehen.

Eine eigentlich gebotene Umweltverträglichkeitsprüfung sei mit einem Trick umgangen worden, kritisiert der BUND. Die Umweltverwaltung habe das Vorhaben am 27. Juli amtlich bekannt gegeben und damit fünf Tage vor dem Stichtag, an dem die Verträglichkeitsprüfung rechtlich verbindlich geworden wäre. »Wesentliche Unterlagen und Gutachten« hätten »unzulässigerweise« noch gar nicht vorgelegen.

»Nichts« habe dagegen gesprochen, das Genehmigungsverfahren schon Ende Juli zu beginnen, widersprach Thomas Schwilling, Referent von AL-Umweltsenatorin Schreyer. Einen Teil der Kritik nimmt der Referent dagegen ernst. Es müsse »konsequent geprüft« werden, ob nicht niedrigere Grenzwerte möglich wären. Auch eine »Vorsortierung«, um das dioxinträchtige PVC vor dem Verbrennen aus dem Müll zu holen, sei vorstellbar. hmt