Freigang für Ex-Rotbrigadisten

Rom (taz) — Heftige öffentliche Polemik herrscht in Italien, seit in der vergangenen Woche den beiden ehemaligen Rotbrigadisten Adriana Faranda und Valerio Morrucci gestattet wurde, tagsüber außerhalb des Gefängnisses in einem Sozialzentrum Roms zu arbeiten und nur abends ins Zuchthaus Rebibbia zurückzukehren. Von der „Sozialgefährlichkeit der beiden“ spricht der Generalstaatsanwalt in seinem Widerspruch vor Gericht, der christdemokratische Ministerpräsident Andreotti schimpft auf ein jüngst erlassenes Gesetz zur Strafminderung. Der sozialistische Justizminister hat dem Parlament nahegelegt, die 1988 eingeführten neuen Normen zur Resozialisierung zu überprüfen.

Die Aufregung ist kaum verständlich: Das Paar hat sich bereits anfang der 80er Jahre vom „Bewaffneten Kampf“ losgesagt, die beiden haben ihren Tatbeitrag — sie waren an der Entführung (nicht jedoch Ermordung) des ehemaligen Ministerpräsidenten Aldo Moro beteiligt — unumschränkt zugegeben (ohne allerdings ehemalige Genossen zu denunzieren). Die Tochter Moros hatte die beiden mehrere Male im Gefängnis aufgesucht, war mit ihnen zur Messe und Kommunion gegangen. Die lebenslänglichen Strafen für die zwei waren in der Revision daher auch auf 28 Jahre gemindert worden.

Die Polemik werten Beobachter denn auch eher als Ablenkungsmanöver von der Ineffizienz der Behörden und Politiker beim Kampf gegen die immer deutlicher im Lande herrschenden Banden der Mafia und der Camorra. rai