Mit zitternden Knien vor der 5-Prozent-Hürde

Vor den Landtagswahlen herrscht Unruhe im bayerischen Landesverband der „Republikaner“ Asylrecht als Hauptthema/ Die Wiedervereinigung als „Zementierung Kleinstdeutschlands“  ■ Von Bernd Siegler

Nürnberg (taz) — „Die Zeiten der Republikaner sind vorbei, sie haben sich gründlich selbst erledigt.“ Bayerns Ministerpräsident Max Streibl fiel noch im Juli angesichts der innerparteilichen Querelen bei den rechtsextremen „Republikanern“ (Rep) ein Stein vom Herzen. Die Angst, die CSU könnte erstmals seit 20 Jahren die absolute Mehrheit bei Landtagswahlen verlieren, schien nun endgültig gebannt zu sein. Doch kurz vor den Wahlen mußte Streibl seine Parteifreunde noch einmal davor warnen, sich „vorzeitig in Sicherheit zu wiegen“. Nach einer bislang nicht veröffentlichten Umfrage der Staatskanzlei sollen die Reps derzeit bei 4,5 Prozent liegen.

Vor vier Jahren hatten die Reps aus dem Stand heraus bei den Landtagswahlen im Freistaat drei Prozent erzielt und für Furore gesorgt, die landesweit 14,6 Prozent bei den Europawahlen im Juni 1989 lehrten die CSU das Fürchten. Bei den Kommunalwahlen im März dieses Jahres rangierten die Reps in Bayern mit 248 Mandaten und 5,4 Prozent der Stimmen noch vor den Grünen.

Der anschließende interne Machtkampf zwischen Schönhuber und den führenden Funktionären in Bayern um den ehemaligen Landesvorsitzenden Harald Neubauer, schien der Partei gerade in ihrem mitgliederstärksten und am besten durchstrukturierten Landesverband den Garaus zu machen. Nach seiner Wiederwahl zum Bundesvorsitzenden glaubte Schönhuber zwar, die Krise der Partei sei ausgestanden und knüpfte vollmundig das „Schicksal der Partei“ an den Ausgang der Landtagswahlen. Doch diesen Satz will er heute nicht mehr aufrechterhalten, sein Blick gilt den gesamtdeutschen Wahlen. Grund für seine vorsichtigen Prognosen in Bayern ist der Zustand des Landesverbands. Nach wie vor hagelt es Aus- und Übertritte. Ganze Orts- und Kreisverbände lösten sich auf, drei der vier Rep-Stadträte in Landshut kehrten der Partei den Rücken. Sie begründeten ihren Schritt mit einem „extremen Rechtsrutsch der Partei“.

Die CSU zeigte keinerlei Berührungsängste und nahm die nun parteilosen Ratsmitglieder in ihre Fraktion auf. Landshuts CSU-Oberbürgermeister Josef Deimer betonte, die CSU habe die Verpflichtung, „das konservative Lager zusammenzuhalten“. Zuletzt verließ der Schönhuber-Getreue Rudolf Heindl die Partei. Der Nürnberger OB-Kandidat und Vorsitzende der Bundesschiedskommission der Partei vertraute der Presse an, daß eine Interessenvertretung der Bürger aufgrund der „inneren Zerrissenheit und irrationaler Überfremdungsangst“ der Reps nur außerhalb der Partei möglich sei. Seinem Parteichef lieferte Heindl eine andere Erklärung. Er wolle der Partei nicht mit seinem Gerichtsverfahren schaden. Heindl, Richter von Beruf, war im August vom Nürnberger Amtsgericht wegen Wahlfälschung zu einer Geldstrafe von 5.400 DM verurteilt worden.

Mit einem Aufwand von — nach eigenen Angaben — etwa 1,5 Millionen DM versuchen die Reps in Bayern nun, die Totschweige-Praxis der Medien zu durchbrechen und sich als „neue Kraft für Deutschland“ ins Gedächtnis zurückzurufen. Dabei kommt es ihnen entgegen, daß sie in Bayern im rechtsextremen Lager ohne Konkurenz sind. Weder die NPD noch die „Deutsche Volksunion-ListeD“ treten zur Wahl an. Schwerpunkte des Rep-Wahlkampfes sind der „Mißbrauch des Asylrechts“, die Innere Sicherheit („radikal gegen die Prügelknabenrolle unserer Polizei“), der Drogenmißbrauch, die Wohnungsnot und der Pflegenotstand. Mit ihrer Geißelung des „Verzichts auf die deutschen Ostgebiete“ zielen sie auf die mit der Union unzufriedenen Heimatvertriebenen ab. Inhaltlich hat sich nach der vielzitierten „Säuberung der Partei von extremistischen Kräften“ (Schönhuber) nichts getan.

Im Parteiorgan „Der Republikaner“ malt Bundespressesprecher Lorenz den „schleichenden Tod unserer Kultur“ an die Wand und Schönhuber plädiert mit völkischem Pathos gegen die Fristenlösung. Der baden-württembergischen Landesvorsitzende Schlierer stellt unverhohlen Ansprüche auf polnisches Staatsgebiet und bezeichnet die Wiedervereinigung als „Zementierung Kleinstdeutschlands“.

Ob jedoch das Profil als radikalere und konsequentere Union, zusammen mit einer populistischen Sozialpolitik und der nachwievor ungebrochenen Popularität Schönhubers in Bayern ausreicht, den Sprung über die 5-Prozent-Hürde zu schaffen, ist fraglich. Die CSU setzt angesichts der gesamtdeutschen Entwicklung voll auf die bayerische Karte. Das Motto „Deutschland kommt — macht Bayern stark“ soll an die jahrzehntelang erfolgreiche Identitätstiftung „Bayern = CSU“ anknüpfen. Zum Haupt-Wahlkampfthema hat die CSU ebenfalls die Asylfrage auserkoren. Innenminister Stoiber plädierte jüngst in Bezug auf Roma und Sinti dafür, daß Minderheiten auch dann keinen Anspruch auf Asyl hätten, „wenn sie in ihren Herkunftsländern massakriert“ würden.

Auf ihren Wahlplakaten bedankten sich denn auch die Reps bei der CSU „für die Übernahme der Asylpolitik“ und fordern die Wähler auf, sich „für das Rep-Original und nicht die CSU-Kopie“ zu entscheiden.