Offene Feldschlacht um Energiearbeiter

Berlin (taz) — Zwischen der Gewerkschaft ÖTV und der Industriegewerkschaft Bergbau und Energie (IGBE) ist jetzt die offene Feldschlacht um die Organisation der Energiewirtschaft der ehemaligen DDR ausgebrochen. Die ÖTV, die in Westdeutschland für die Energiewirtschaft zuständig ist, meldete gestern den Abschluß eines Tarifvertrages für die rund 110.000 Beschäftigten der ostdeutschen Energiewirtschaft, die rückwirkend ab 1. Oktober Lohn- und Gehaltserhöhungen zwischen 240 und 310 DM erhalten sollen. Die Ausbidlungsvergütungen sollen auf 300 bis 480 DM steigen. Der Vertrag gilt bis Jahresende.

Die IGBE ließ daraufhin verlauten, der von der ÖTV vermeldete Abschluß sei nichts weiter als die Übernahme eines bereits am 27. September zwischen dem Verband energie- und versorgungswirtschaftlicher Unternehmen mit der DDR-Gewerkschaft IGBEW abgeschlossenen Vertrages, der Lohn- und Gehaltserhöhungen in gleicher Höhe vorsieht. IGBE und IGBEW haben beschlossen, sich ab 1.11. 1990 zu einer gemeinsamen IG Bergbau und Energie zusammenzuschließen.

Sowohl ÖTV und IGBE reklamieren nun für sich, daß abgeschlossene Tarifverträge rechtlich nur für Mitglieder der vertragsschließenden Parteien gelten. Derzeit, so die IGBE, seien noch rund 80% der Beschäftigten des umstrittenen Energiebereichs bei ihrer Partnerorganisation IGBEW organisiert. Wenn die ÖTV nun behaupte, sie habe als erste einen Verhandlungserfolg erzielt, schmücke sie sich „mit fremden Federn“. Die ÖTV dagegen macht geltend, laut Staatsvertrag hätten alle Tarifverträge, die nach dem 3. Oktober abgeschlossen werden, Vorrang vor früheren Abschlüssen. Insofern habe die ÖTV durch ihren Vertrag die Tarifzuständigkeit für den Energiebereich übernommen. marke