Mit „Lea“ gegen den „Sack“

■ In Leipzig ist ein Frauenkulturzentrum eröffnet worden/ „Lea“ soll ein Ort der körperlichen und geistigen Stärkung werden/ Das Zentrum ist ein Produkt der Wende

Leipzig (taz) — Ein Ort der körperlichen und geistigen Stärkung soll das neue Leipziger Frauenkulturzentrum werden. So charakterisiert es die Leiterin Dr. Hilde Steer bei der Eröffnungsveranstaltung am letzten Wochenende. Das Konzept für das Haus kommt von der Fraueninitiative Leipzig. Fest eingeplant sind ein Frauencafé, Gymnastik, Volkstanz, Yoga und Tai shi. Alles andere ist im Kommen, soll in den nächsten Monaten entstehen: ein feministisches Therapiezentrum, Selbsterfahrungsgruppen, und alles, wovon Frauen denken, daß sie es brauchen. „Noch sind uns die Bedürfnisse der Frauen nicht genau bekannt“, sagt die Leiterin, „wenn wir sie kennen, wird danach das Programm gestaltet.“ Das Zentrum ist eigentlich ein Produkt der Wende. „Das Haus ist uns zugesprochen worden im April vom Runden Tisch, amtlich bekommen habe ich es erst gestern“, erklärt Hilde Steer. „Daß wir heute Eröffnung feiern soll auch daran erinnern, daß aus dieser schrecklich depressiven Stimmung, die vor einem Jahr in dieser Stadt herrschte, nun doch erste Früchte ersprossen sind.“ Finanziert wird das Kulturzentrum kommunal. Im 2. Halbjahr gibt es 25.000 DM, zuzüglich Lohngelder für achteinhalb Planstellen. Das Geld wird aber nur gezahlt, wenn entsprechende Einnahmen durch Veranstaltungen vorliegen, nämlich 60.000 DM. Alles, was darunter liegt, wird von der Stadt prozentual weniger gezahlt.

Bei der Eröffnungsveranstaltung stellten die anwesenden Frauen ihre Projekte vor, die teils im Kulturzentrum laufen, teils über die Stadt verteilt sind. Unter Insidern bereits bekannt ist das Projekt 'Zaunreiterin‘, eine Zeitschrift, die vor anderhalb Jahren von zwei Frauen initiiert wurde und deren 3. Ausgabe jetzt in einer Auflage von 2.000 Stück herauf kam. Inzwischen arbeiten sechs Frauen am Blatt mit. Wie sie selbst sagen, trägt sich ihr Projekt mehr aus ideeller, denn finanzieller Stärke.

Abends sollen Treffs stattfinden. Um sich vor Überfällen — wie eine Woche vor Eröffnung zu schützen, will man ein Sicherheitskonzept gemeinsamer mit allen ähnlichen Alternativkulturprojekten erarbeiten. Im Moment aber sieht es so aus, daß es weder sichere Türen Fenster noch Leute gibt, die in der Lage sind, die Türen zu verteidigen. Es ist zwar in Aussicht gestellt worden, daß über kurz oder lang die Polizei kräftiger sein wird, aber, so die Leiterin, darauf könne man sich vielleicht nicht verlassen. Hinzu käme, daß das Kulturzentrum früher ein Jugendklub war, der den Jugendlichen quasi weggenommen wurde. Noch offen ist die Frage nach der Namensgebung für das Frauenkulturzentrum. Ein Vorschlag lautet „Lea“, das klingt nach Leipzig. Mit diesem Namen gilt es anzutreten gegen die fest eingebürgerte Bezeichnung Sack, benannt nach einer daneben liegenden Kneipe. Vera Linß