Als Ausweg bleibt nur noch die Klinik

■ Keine Mittel für ambulante Betreuung psychisch Kranker in Ost-Berlin/ Schwerpunkt auf stationärem Bereich

Berlin. Von nun an gilt auch im Ostteil Berlins das Gesetz für psychisch Kranke, das dem Arzt nicht mehr die alleinige Behandlungskompetenz überläßt und darüber hinaus vorsorgende Hilfen sowie Voraussetzungen der Unterbringung regelt. Kern des Gesetzes ist das Prinzip ambulanter vor stationärer Hilfe. Doch an solchen ambulanten Versorgungseinrichtungen, so informierte gestern die Psychosoziale Arbeitsgemeinschaft (PSAG), hapert es in Ost-Berlin. Weder gebe es dort Kontakt- und Beratungsstellen, Krisendienste oder Tagesstätten noch Übergangswohnheime. Während West-Berlin 566 therapeutische Wohngemeinschaften vorweisen kann, existieren solche Einrichtungen in Ost-Berlin nur für geistig Behinderte. Die Arbeitsgemeinschaft befürchtet nun, daß dieser Bereich bei der Haushaltsplanung völlig vergessen wird. Zwar solle, so ihr Sprecher Fritz Kiesinger, der stationäre Bereich in Ost- Berlin durch Investitionen in Höhe von einer Milliarde DM jährlich aufgestockt werden, für den ambulanten Bereich aber sehe der Haushalt im Vergleich zu früher keine müde Mark mehr vor.

Statt »in Krankenhausruinen« zu investieren, sollten Magistrat und Senat statt dessen 20 Millionen Mark zum Aufbau ambulanter psychiatrischer Versorgungseinrichtungen bereitstellen. Nach Berechnungen der Bonner Enquete-Kommission seien 12,5 Prozent der Bevölkerung — das entspräche in ganz Berlin etwa 400.000 Menschen — in psychiatrischer Behandlung, jeder dritte habe »psychosoziale Befindlichkeitsstörungen«. 80 Prozent der im Osten psychisch Kranken seien bereits aus ihren Betrieben entlassen worden. Doch nur für einen kleinen Teil sei das Krankenhaus »der richtige Ort«, hauptsächlich in Tageskliniken oder Wohngemeinschaften könnten sich die Patienten ins Alltagsleben wieder eingliedern. Gefahr drohe nun für Ost und West: Während im Osten psychische Erkrankungen weiter »mit der Spritze« therapiert werden, droht den ambulanten Einrichtungen im Westen durch verkürzte Zuwendungen ein erheblicher Rückschritt. maz