STANDBILD
: Ein Boudoir-Idyll

■ "Babsi", von Miriam Dehne, Di., 22.40 Uhr ZDF

Die Kamera verweilt auf Beinen und Brüsten, spielt ein bißchen herum, nein, noch nicht das Gesicht, jetzt kommen erst die Fingernägel dran. Wattebausch in Großaufnahme, dann ein Schwenk über Sofaecken, Plüschtiere, im Hintergrund das Geplauder von ein paar Frauen, ein Fernseher läuft auch, das Telefon. „Ich bin Ilona, ja, in Charlottenburg, Hinterhaus, Parterre rechts. Was wir machen können?“ Die Frau am Telefon schnurrt, so gut das geht im Berliner Dialekt: „Allet wat Spaß macht“. Miriam Dehne nannte ihren Videofilm über den Arbeitsalltag von fünf Berliner Prostituierten schlicht „Babsi“. Babsi oder Trixie oder Angie, das sind beliebte Namen für die Frauen, die in den Boulevardblättern annoncieren, „verführerisch und leicht“ müssen sie klingen, erklärt uns eine Einblendung. Kommentare gibt es sonst kaum, keinerlei soziologische Erläuterungen, keine Befragung, die Filmemacherin beschränkt sich darauf, mit ihrer Kamera vertraut, zärtlich fast, die Frauen bei ihren alltäglichen Verrichtungen zu begleiten. Da sind schwarze Strümpfe überzustreifen, Spitzen-BHs zurechtzurücken, Wimpern zu tuschen, Haare zu waschen. Körperpflege. Debbi beim Schminken, Ilona vor dem Spiegel, Liana in der Badewanne. „Wie eine Katze, die sich immer wieder an der Stelle putzt, wo sie berührt wurde“, sagt die Sprecherin.

Eine entspannte, intime, sehr weibliche Atmosphäre fängt die Kamera ein, so wie sie nur unter Frauen entsteht, die sich lange und gut kennen und beim Waschen, Anziehen, Kämmen gleichermaßen über Liebeskummer, Krankheiten oder das Abendessen plaudern können. Erotik entsteht manchmal zwischen den Frauen, wenn zwei in den Arbeitspausen zusammen auf einem Bett liegen, sich durch die Haare streichen, dann tauchen die Farben des Films tatsächlich ins schwüle Boudoir-Rot.

Den ganzen Alltag zeigt der Film nicht, denn die Männer, die Freier, tauchen nur als anonyme Stimmen am Tefefon auf, sie sind die eigentlichen Störenfriede im weiblichen Idyll. Nur am Schluß steht ein Exemplar klobig und unbeholfen im Flur herum: „Verstehns, i brauch amal a Auffrischung, i bin a Bayer, verstehns.“ Und bevor der Film wieder bei Debbies Brüsten und Lianas Beinen landet und die Zuschauerin sich entschieden zu langweilen beginnt, da ist „Babsi“ nach netten, intimen 30 Minuten auch schon zu Ende. Helga Lukoschat