Tour d'Europe

■ EG: Sparprogramm für Athen

Entweder die griechische Regierung tut, was Brüssel sagt, oder ihr wird der Geldhahn zugedreht. Daß das rigorose Brüsseler Sparprogramm einen hohen Preis hat, den viele Griechen nicht zahlen wollen, haben die Streiks und Massenproteste der vergangenen Wochen gezeigt. Die EG-Kommission läßt das jedoch kalt. Sie hat Wirtschaftsexperten nach Athen geschickt, um Premierminister Mitsotakis, der neuerdings auch Wirtschaftsminister ist, beim Jahreshaushalt für 1991 zu „helfen“. Sollte der Konservative, der nur über eine Stimme Mehrheit im Parlament verfügt, den öffentlichen Sektor nicht radikal genug „sanieren“, bekommt er die beantragten EG- Kredite von rund 2 Milliarden ECU (ca. 4 Mrd. DM) eben nicht.

Für sein Wohlverhalten in der Golfkrise soll China belohnt werden: Der amtierende Vorsitzende des europäischen Rats, Gianni de Michelis, hat der EG empfohlen, ihre nach dem Massaker auf dem Tiananmen-Platz eingefrorenen Beziehungen zu China „komplett zu normalisieren“. Im Weltsicherheitsrat habe das Land gezeigt, daß es das verdiene.

Einen Preis für „urbanistische Dummheit“ haben die Euro-Grünen verliehen. Die symbolische Auszeichnung erhielten die Brüsseler Stadtverwaltung und die EG. Beide haben sich nach Ansicht der Grünen um die Zerstörung des Brüsseler „Europaviertels“ verdient gemacht.

Die gesetzestreuesten Europaer sind die Dänen, die Briten und die Deutschen. Von den knapp 300 Richtlinien, die bis Ende 1992 EG-weit den Weg für die vier großen Freiheiten bahnnen sollen, haben sie die meisten umgesetzt. Am Ende der Liste steht Italien. Die EG-Kommission erklärt das Nachhinken mit „Mängeln in den Verwaltungen“.

Nach Handwerkern, Umweltschützern und Industriellen, haben neuerdings auch „die europäischen Frauen“ eine institutionelle Vertretung in Brüssel. Wie die EG-Kommission mitteilt, wird die Ende September gegründete „Europäische Frauenlobby“ als Interessenvertreterin bei den europäischen Gremien fungieren. Für die BRD ist der „Deutsche Frauenrat“ (der Zusammenschluß traditioneller Verbände, wie der Hausfrauen- und Beamtinnenbund) Mitglied der Lobby.

Mehr formale Demokratie wagen will der bayerische Ministerpräsident Max Streibl. Er möchte neben dem Europäischen Parlament noch eine zweite Quasselbude einrichten. Ein Zweikammersystem, so der CSU-Mann, stärke die föderalistischen Strukturen im geeinten Europa. In die zweite Kammer sollen mindestens zur Hälfte Bundesländer oder Regionen einziehen.

Ausgesprochen eng sind die Europa-Visionen in den Chefetagen französischer Konzerne. Bei einer Umfrage unter 350 europäischen Top-Managern ermittelte das Frankfurter EDS-Institut, europaweit hohe Erwartungen an den Binnenmarkt und die Bereitschaft, dafür zusätzliche Leistungen zu bringen. Einzige Ausnahme: das französische Top- Management. Das mißt zwar Fremdsprachenkenntnissen eine gewisse Bedeutung bei, ein „größeres Maß an Weltoffenheit“ hält jedoch kein einziger befragter französischer Top-Manager für nötig. Umgekehrt ist Frankreich für die übrigen Europäer nur bedingt interessant. Als Standort für Industrieansiedlungen im Binnenmarkt rangiert es an letzter Stelle. dora