Barschelfoto strafbar?

■ Heute vor drei Jahren wurde der tote CDU-Politiker in der Badewanne eines Genfer Hotels gefunden

Genf (taz) — Fall Barschel und kein Ende: Am 16. November wird vor dem Genfer Polizeigericht gegen den Journalisten Sebastian Knauer wegen „Hausfriedensbruch“ und „Verletzung der Privatsphäre“ verhandelt. Knauers Genfer Anwalt Bernhard Cron bestätigte gestern gegenüber der taz, daß ihm eine entsprechende Vorladung der Justiz vorliegt. Heute vor genau drei Jahren hatte der damalige 'Stern‘- und jetzige 'Spiegel‘-Redakteur Knauer die Leiche des Ministerpräsidenten von Schleswig Holstein in Zimmer 317 des Genfer Luxushotels „Beau Rivage“ gefunden. Da der ihn begleitende 'Stern‘-Fotograf den toten CDU-Politiker in der Badewanne nicht fotografieren wollte, schoß Knauer selber die Bilder, die später in zahlreichen Illustrierten und Zeitungen erschienen.

Verklagt wurde Knauer von dem Bruder und der Witwe Uwe Barschels. Das Schweizer Strafgesetzbuch sieht für die Delikte „Hausfriedensbruch“ und „Verletzung der Privatsphäre“ eine Geldbuße oder eine Gefängnisstrafe vor. Anwalt Cron rechnet jedoch nicht mit einer Verurteilung. Beide Straftatbestände seien durch das Verhalten Knauers nicht gegeben. In Genf gibt es Vermutungen, daß die Familie Barschel das Verfahren gegen Knauer auch nutzt, um einen Abschluß im Hauptsacheverfahren — der gerichtlichen Untersuchung der Todesumstände — so lange wie möglich hinauszuzögern. Ein erster abschließender Bericht der ursprünglichen Untersuchungsrichterin Claude Nardin hatte einen Selbstmord Barschels sehr nahe gelegt, seine Ermordung jedoch nicht explizit ausgeschlossen. Doch die Familie Barschel, die an der Mordthese festhält, monierte eine ganze Reihe von Ermittlungsfehlern.

Seit Juni diese Jahres leitet Nardins Nachfolgerin Carole Barby die Ermittlungen. Seit Barschels Tod sind Versicherungszahlungen an die Familie erfolgt, die im Fall des Selbstmords unter Umständen zurückverlangt werden könnten. Andreas Zumach