: Spion gegen Spion
■ Zu dumm, die eigenen Spione zu enttarnen
Berlin (taz) — Die Gewißheit wächst, daß die beiden deutschen Geheimdienste neben ihrer Schnüffelarbeit vor allem damit beschäftigt waren, sich gegenseitig lahmzulegen. Seit Montag brummt ein gewisser Regierungsoberrat Klaus Kuron, der acht Jahre lang in der „Spionageabwehr“ des Kölner Bundesamtes für Verfassungsschutz beschäftigt war und den gesamten Erkenntnisstand aus seinem Aufgabenbereich brühwarm an die Ostberliner „Hauptverwaltung Aufklärung“ des MfS weitergab.
Seinem Amt entsprechend wertete Generalbundesanwalt Alexander von Stahl das Engagement des Klaus Kuron gestern als einen „sehr schwerwiegenden Verratsfall“. Der 54jährige, der sich selbst gestellt hat, war nämlich „Beschaffer“ und „Counterführer“. Er hatte in einer „Gegenoperation“ enttarnte Agenten zu führen, sie gezielt „umzudrehen“. Bitter, bitter — denn: „Die Gegenoperation“, so Stahl staubtrocken, „dient dazu, den Angriff des gegnerischen Geheimdienstes zu steuern, seinen Schwerpunkt zu erkennen, den Schaden zu begrenzen und vor allem Erkenntnisse über Arbeitsweise und personelle, institutionelle und sächliche Mittel des fremden Geheimdienstes zu gewinnen.“ Die Übermittlung der „streng geheimen Unterlagen“ des Kölner Amtes ließ sich Klaus Kuron vom MfS gut bezahlen. 4.000 D-Mark monatlich, insgesamt über eine halbe Million, strich der Doppelagent ein. Mehrere DDR-Orden sollen seine Brust geschmückt haben.
Zuletzt habe sich Klaus Kuron am vorigen Freitag mit seinem früheren MfS-Führungsoffizier in Berlin getroffen, erklärte Stahl. Dieser habe ihm einen Kontakt zum KGB vermittelt. Nach dem Gespräch mit dem KGB habe sich Kuron dem Kölner Amt offenbart. Anscheinend teilte der Bundesgerichtshof nicht die tiefe Wut der Bundesanwaltschaft über den Knieschuß in der Kölner Spionageabteilung. Der BGH-Ermittlungsrichter begründete den Haftbefehl nicht mit einem Verdacht auf besonders schweren Landesverrat (Höchststrafe: lebenslänglich). Er begnügte sich mit dem Vorwurf der Agententätigkeit und Bestechlichkeit (Höchststrafe: zehn Jahre). Peb
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