Eine große Koalition gegen Flüchtlinge?

■ Bundesratsinitiative Späths zur Änderung des Asylrechts/ SPD unter Zugzwang/ Unklare Signale aus SPD-Ländern

Berlin (taz) — Scharfe Kritik und einige Verwirrung löste gestern die am Dienstag vorgestellte Gesetzesinitiative Baden-Württembergs zur Änderung des Asylrechts aus. Wie berichtet, will Lothar Späth am kommenden Freitag ein Gesetz in den Bundesrat einbringen, das vorsieht, Asylbewerber aus sogenannten „verfolgungsfreien“ Staaten, die in der BRD nicht mit einer Asylanerkennung rechnen können, gleich an der Grenze zurückzuweisen. Als betroffene Personengruppen nennt der Gesetzentwurf u.a. Flüchtlinge aus Sri Lanka, Rumänien und Jugoslawien. Während der baden-württembergische Vorstoß bei Menschenrechtsorganisationen auf scharfe Kritik stieß, meldeten gestern verschiedene Zeitungen, die SPD-regierten Bundesländer hätten sich darauf verständigt, sich dem Späth-Vorschlag nicht zu versperren und ihn zur Prüfung an die Ausschüsse des Bundesrats weiterzuleiten.

Auf Nachfrage der taz reagierten die meisten SPD-Länder jedoch mit einem Dementi. Lediglich aus dem Saarland, dessen Ministerpräsident Lafontaine schon vor Wochen einen ähnlichen Vorschlag wie jetzt sein CDU-Kollege Späth gemacht hatte, kam ein wachsweiches Jein. Man werde den Vorschlag weder ablehnen noch ihm zustimmen, sondern ihn in den Ausschüssen konstruktiv diskutieren. Aus Niedersachsen, Berlin, Bremen und Nordrhein- Westfalen kam hingegen ein deutliches: „völlig indiskutabel“ und „mit uns nicht“ zu Späths Vorschlag. Es sei aber selbstverständliche Praxis, daß ein Gesetzentwurf an die Ausschüsse zur Diskussion weitergeleitet werde.

Nordrhein-Westfalen will währenddessen einen eigenen Entschließungsantrag zur Verkürzung und Harmonisierung der Asylverfahren in den Bundesrat einbringen. Dieser Vorschlag sieht unter anderem eine Straffung der Asylverfahren vor. So sollen die Verfahren zukünftig grundsätzlich nur noch vor einem Einzelrichter und nur in einer einzigen Gerichtsinstanz verhandelt werden. Auch dieser Vorschlag findet nicht die ungeteilte Zustimmung aller SPD-Länder.

In jedem Fall werden die jetzt eingebrachten Vorschläge sich als Wahlkampfthema eignen. Entschieden werden sie jedoch erst in der nächsten Legislaturperiode, wenn sich durch den Anschluß der fünf neuen Länder der ehemaligen DDR sowohl die Mehrheiten im Bundestag als auch im Bundesrat entscheidend verändert haben werden. Ve.