Interfraktionell gegen den §218

Gemeinsame Initiative von Sozialdemokratinnen und FDP-Frauen sieht liberalere Rechtspraxis in der Abtreibungsfrage vor/ Grüne und PDS noch unentschlossen über ihre Unterstützung  ■ Aus Bonn Tina Stadlmayer

Die sozialdemokratischen und liberalen Frauenpolitikerinnen im Bundestag haben sich am Dienstag weitgehend auf einen gemeinsamen Gesetzentwurf „zum Schutz des werdenden Lebens und der Neuregelung des Schwangerschaftabbruchs“ geeinigt. Jetzt wird der Vorschlag in den Fraktionen diskutiert.

Der Entwurf sieht vor: Nach dem Feststellen einer Schwangerschaft muß der Arzt oder die Ärztin der Frau eine Broschüre über Hilfen und Rechtsansprüche für Mutter und Kind überreichen. Die Frau stellt dem Arzt eine Quittung für das Heft aus. Wenn sie sich dann entschließt, einen Schwagerschaftsabbruch machen zu lassen, muß sie die Bestätigung, daß sie die Broschüre erhalten hat vorweisen. Zwischen der Information über soziale Hilfen und der Abtreibung müssen mindestens vier Tage liegen.

Gegenüber dem Vorschlag der Berliner Frauenministerin Anne Klein hat dieser Entwurf einen Vorteil: Jede Frau erhält den Nachweis über eine Beratung, wenn der Arzt feststellt, daß sie schwanger ist — egal, ob sie das Kind austragen will oder nicht. Im Berliner Entwurf ist geplant, daß die Frau zu einem speziellen Beratungstermin erscheinen muß.

Der Entwurf der Bundestags- Frauen sieht die generelle Straffreiheit für die Schwangeren vor. Ärzte, die nach der zwölften Woche oder ohne Vorliegen der Quittung für die Beratungsbroschüre, eine Abtreibung durchführen, machen sich jedoch strafbar. Wenn es aus medizinischen Gründen erforderlich ist, darf auch auch nach der zwölften Woche noch abgetrieben werden.

Die Regelung des Schwangerschaftsabbruches ist der letzte von vier Punkten in dem geplanten Gesetz. Voran gehen Bestimmungen zur Sexualaufklärung: Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung in Köln soll dafür zuständig sein. Es folgt das Recht auf Beratung: Flächendeckend sollen Beratungsstellen mit unterschiedlichen Trägern geschaffen werden. Der dritte Punkt sind die Hilfen für Mütter und Kinder: Zum Beispiel der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz und die Erhöhung des Erziehungsgeldes für Alleinerziehende.

Bei den Beratungen über den Gesetzentwurf saßen nicht nur Sozialdemokratinnen und Liberale zusammen, auch Grüne und eine Vertreterin der PDS waren mit von der Partie. Umstritten sind nach wie vor die Präambel und die Begründung für das Gesetz. Die Liberalen wollen Reizworte wie „selbstbestimmte Schwangerschaft“ vermeiden. Grüne und PDS sind gegen Formulierungen wie „Lebensschutzgesetz“. In allen Fraktionen muß nun der Entwurf erst einmal abgestimmt werden. Kommenden Dienstag wollen sich die federführenden Abgeordneten noch einmal treffen. Grüne und PDS-Abgeordnete überlegen noch, ob es grundsätzlich richtig ist, einen gemeinsamen Entwurf zu unterschreiben. FDP-Frau Irmgard Adam-Schwaetzer berichtete gestern in Bonn, sie hoffe auf die Unterschrift zumindest einiger Abgeordneten von den Grünen und von der CDU. Der Gesetzentwurf soll in der letzten Oktoberwoche ins Parlament eingebracht werden.