SOS für Greenpeace-Schiff

Berlin (taz) — Der Mann vor der sowjetischen Botschaft in Berlin Unter den Linden guckt immer noch skeptisch. Und noch einmal bekräftigt Robert Werden, daß er und die zwanzig weiteren Greenpeace-Aktivisten nicht eher weichen würden, bis es nicht ein „definitives Lebenszeichen“ von der „M.S. Greenpaece“ gebe. Das Schiff der Umweltschutzorganisation befindet sich in der Barentsee in sowjetischen Hoheitsgewässern und wurde Montag morgen von einer bewaffneten Einheit des KGB aufgebracht. Seitdem fehlt jede Nachricht von dem Greenpeace-Schiff, daß einen Atombombentest auf der Arktisinsel Nowaja Semlja verhindern wollte.

Am Mittwoch morgen um 9.15 Uhr hatten die Greenpeace-Leute einen Eisenkäfig vor der Botschaft postiert. Vier von ihnen ließen sich einsperren, einige ketteten sich an die Gitterstäbe. Andere waren auf das Gelände der Botschaft gelangt und ketteten sich von der Hofseite aus an den 2,50 Meter hohen Zaun an. Ein mehrsprachiges Schild über dem Käfig forderte unmißverständlich: „Gebt M.S. Greenpeace frei.“ Auf einem entrollten Transparent stand in kyrillischen Buchstaben: „Testet den Frieden und nicht die Bomben.“ Die Polizisten, die unter anderem die Zugänge zur Botschaft bewachen, griffen nicht ein. Inzwischen kursierten Gerüchte, berichtet der Greenpeace-Mitarbeiter, daß das Schiff nach Murmansk abgeschleppt werde. Die Besatzung müßte sich dort vor einem KGB-Gericht verantworten, die Strafsumme liege bei 200.000 Dollar.

Am späten Vormittag werden zwei Greenpeace-Leute in die Botschaft zu Gesprächen gebeten. Die Angeketteten wollen solange ausharren bis ein Kontakt zum Schiff hergestellt worden ist. Christian Böhmer