Antreten zur Auflösung

■ Abgeordnetenhaus am Ende seiner Legislaturperiode

Rathaus Schöneberg. Eine Sternstunde des Parlamentarismus konnte der interessierte Zuhörer gestern wieder einmal in der Plenarsitzung des Abgeordnetenhauses erleben: Auf der Tagesordnung stand der feierliche Beschluß über die vorzeitige Beendigung der Legislaturperiode, der nach der Berliner Verfassung notwendig ist, um spätestens am 2. Dezember wählen zu können. Die Feierlichkeit des Augenblicks war schon dadurch getrübt, daß eine ursprünglich geplante gemeinsame Sitzung mit der Stadtverordnetenversammlung auf Grund des Widerstands von Bündnis 90 und PDS nicht zustande kam. Der feierlichen Augenblicke offenbar auch endgültig überdrüssig, verwechelten die meisten Redner der Fraktionen den Anlaß mit einer Wahlkampfveranstaltung. Einig waren sich alle Fraktionen darin, daß diese Auflösung im Gegensatz zu anderen eine höchst erfreuliche sei, werde damit doch die endgültige Vereinigung der beiden Stadthälften erreicht. Die Redner der CDU-/Rep-Opposition wurden aber nicht müde, die Abwahl des Senats zu fordern und Wahlkampfparolen zu schwingen. Während CDU-Chef Diepgen diesen Aspekt wenigstens für gleich wichtig wie die Einheit hielt, forderte der Rep- Abgeordnete Pagel Neuwahlen, »damit Berlin deutsch bleibt«. Höhepunkt vor der Abstimmung: Der ehemalige Rep-Vorsitzende Andres sah in den Wahlen eine Chance zur Korrektur, denn: »Wir haben uns am 29. Januar 1989 verwählt!« Abgestimmt wurde dann aber doch in großer Eintracht, die erforderliche Zweidrittelmehrheit wurde fast zu einer hundertprozentigen (eine Gegenstimme). kd