Fiat Polonez: „Lieber unseren Schrott als fremden“

FSO Zeran, der größte polnische Autohersteller, steht vor dem Konkurs/ Antimonopolbehörde verfügte Preissenkung und will die Schutzzölle abschaffen  ■ Aus Warschau Klaus Bachmann

Voraussichtlich in der nächsten Woche wird der polnische Ministerrat über eine Änderung der Zolltarife beraten. Anlaß dafür ist ein Vorstoß der polnischen Antimonopolbehörde: Die möchte vor allem, daß der Schutzzoll von 14 Prozent auf ausländische Autos fällt. Setzt sich das Amt durch — was noch keineswegs sicher ist —, dürfte Polens größter Autohersteller, der Staatsbetrieb FSO Zeran bei Warschau, endgültig pleite sein.

Vor dem Konkurs steht er nach eigenen Angaben ohnehin schon. Dies ist die Folge einer Intervention der Antimonopolbehörde, die am vergangenen Freitag eine drastische Preissenkung für die in Zeran hergestellten Mittelklassewagen der Marken „Polski Fiat 125“ und „Polonez“ verfügt hatte. Die Firma habe ihre marktbeherrschende Stellung ausgenutzt und bei steigender Nachfrage die Preise willkürlich erhöht, argumentierten die Beamten, und zugleich die Produktion eingeschränkt. In solchen Fällen kann die Antimonopolbehörde eine Preissenkung und hohe Strafen verhängen.

Genau das tat sie dann auch nach einer mehrwöchigen Betriebsprüfung. Seit einer Wochen nun müßte FSO seine Wagen zu den Preisen vom Juni verkaufen. Der Preisunterschied beträgt beim Polonez, einem 1,6-Liter-Mittelklassewagen, umgerechnet mehr als 2.000 D-Mark.

Die Direktion erklärte sofort, damit sei der Konkurs vorprogrammiert. Eine Firmensprecherin: „Unsere Rentabilität tendiert ohnehin schon gegen null, zumal wir aus politischen Gründen den Polski Fiat 125 produzieren müssen, obwohl er sich nicht rechnet. Faktisch subventionieren wir den Polski Fiat mit Hilfe der Gewinne aus dem Polonez.“

Das Problem: Jahrelang hatte der Staat Vorauszahlungen für die Autos entgegengenommen, die durch die Hyperinflation des letzten Jahres entwertet wurden. Als dann die Endpreise durch den Subventionswegfall in die Höhe schossen, stellte sich heraus, daß keiner der Vorrauszahler in der Lage sein würde, sich einen Wagen zu leisten. Regierung und Parlament entschlossen sich daher zu Zuschüssen für die Sparer.

Nun ist allerdings in Frage gestellt, ob überhaupt noch ein Wagen die Fabrik verläßt. Die Nachfrage ist schlagartig zurückgegangen, da sich zwar FSO nicht an die Auflagen der Monopolbehörde hält, aber natürlich alle damit rechnen, daß die Preise zurückgenommen werden. In der Fabrik selbst scheint inzwischen ein Burgfrieden zwischen Solidarność und dem neuen Direktor geschlossen worden zu sein. Innerbetrieblich waren die letzten zwei Wochen nämlich ganz im Zeichen einer Streikdrohung der Gewerkschaft gestanden, die bereits vor zwei Wochen den bisherigen Direktor zum Rücktritt gezwungen hatte. Nun ist auch Solidarność bereit, „mit allen Mittel um den Bestand der Firma zu kämpfen“.

Da wird die Gewerkschaft einiges zu tun haben. Gleichzeitig mit ihrer Preisverfügung hat sich die Antimonopolbehörde nämlich an das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit gewandt und verlangt, die Importzölle für westliche Wagen aufzuheben. Da die FSO-Produkte hoffnungslos veraltet sind, zugleich aber genauso teuer wie moderne westliche Kleinwagen, wäre dies das sichere Ende für Zeran. Ein Polonez kostet bereits jetzt knapp 10.000 D- Mark und kann sich auf dem polnischen Markt nur noch wegen des Schutzzolls halten. Ein Ausweg böte sich für die Fabrik nur, wenn jenes Joint-venture zustandekäme, von dem die Direktion schon seit Monaten träumt: Fiat solle in Warschau den „Tipo“ bauen. Die Italiener lassen allerdings seit geraumer Zeit nichts mehr von sich hören, was in Polen angesichts der Zustände in Zeran niemanden überrascht.

FSO hat nun die Verfügung der Monopolbehörde gerichtlich angefochten und gegen deren sofortige Wirksamkeit Einspruch eingelegt. Lange wird der Betrieb aber nicht durchhalten können: Es gibt zu wenig Lagerplätze für die wegen der zurückgegangenen Nachfrage auf Halde produzierten Wagen. Außerdem gehen ihm die Gelder für laufende Zahlungen aus.

Manche Zeitungskommentatoren verlangen schon seit längerem, die Importzölle aufzuheben und FSO zu schließen. Die Regierungszeitung 'Rzeczpospolita‘ listet indessen die Folgen auf: 24.000 Arbeitsplätze gingen verloren, bei Zulieferern eventuell sogar noch einmal 90.000. Dies könne den Staat bis zu 600 Milliarden Zloty (100 Millionen D-Mark) jährlich an Arbeitslosenunterstützung kosten könne, während zugleich 840 Milliarden Zloty an Steuereinnahmen verloren gehen, die FSO abführt. Eine Aufhebung der Importsteuern würde weitere 500 Millionen Dollar jährlich kosten.

Die Zollhauptverwaltung ist gegen einen völligen Wegfall und will weiterhin die Barrieren gegen veraltete Westgebrauchtwagen. Oder wie ausgerechnet die 'Rzeczpospolita‘ schrieb: „Lieber unseren eigenen Schrott als fremden.“