■ NOCH 3368 TAGE BIS ZUM JAHR 2000
: Gefährliche Liebschaften

Als die Polizei bei ihren Eltern Ermittlungen anstellte, verknallte sich die 18jährige Tochter des Hauses unsterblich in einen der Gendarme. In den folgenden Tagen rief sie bis zu hundert Mal am Tag in der Dienststelle des Umschwärmten an, oft im Abstand von nur wenigen Minuten. Dabei legte sie entweder gleich wieder auf oder begnügte sich mit einem „katzenartigen Miauen“ für den ahnungslosen Angebeteten. Das Gericht zeigte sich von der Liebe der jungen Frau, der die Polizei mit einer Überprüfung der Leitungen auf die Spur kam, wenig beeindruckt. Die zahllosen Anrufe hätten die Polizisten „in ihrem Dienst gestört und damit eine Gefahr dargestellt“, befand der lieblose Richter.

Der jungen Liebenden könnte geholfen werden, sie müßte sich nur im nächsten Monat nach Kolumbien begeben. Dort findet der weltweit erste Kongreß für Menschen mit von Armor verwundetem Herzen statt. Er ist „dem Liebeskummer und dem Herzeleid“ gewidmet, wie das Motto der Veranstaltung verspricht. Tagungsort ist Pereira, eine Stadt in der kolumbianischen Kaffeeprovinz Risaralda, denn das Thema bewegt insbesondere die „latin lovers“. Wie die Organisatoren der Tagung wissen ließen, besteht die Hauptabsicht ihres Vorhabens darin, Personen Lebenshilfe zu leisten, denen in der einen oder anderen Weise amouröse Enttäuschungen zu schaffen machen. Denn wie Gabriel Lema, einer der Veranstalter, betonte, ist der Liebeskummer ein menschliches Phänomen, das vor keiner Rasse, keiner Religion und keiner politischen Richtung haltmacht. Zahlreiche Betroffene beschritten als Ausweg den Irrweg des Alkoholismus, bei anderen ginge der Kummer so weit, daß sie nun Angst haben, sich erneut zu verlieben. Lema hofft, daß mit der Arbeit des Kongresses einige Menschenleben gerettet werden können.

Für den 28jährigen Kolumbianer Bernardo Paz, der vor vier Tagen aus Wut über die Trennung von seiner langjährigen Freundin fast eine ganze Stadt in Brand gesteckt hatte, kommt diese Hoffnung zu spät. Nachdem der Liebeskranke aus Verzweiflung das Haus seiner angebeteten Evergita angezündet hatte, griff das Feuer auf etwa sechzig andere Gebäude des kleinen Ortes El Charco über und richtete einen Sachschaden von rund sechs Millionen D-Mark an. Fünfzig Menschen wurden obdachlos, und alle Geschäfte des Ortes fielen den Flammen zum Opfer. Als der verliebte Feuerteufel, mit Flinte und Machete bewaffnet, auf die Sicherheitskräfte losging, wurde er erschossen. Karl Wegmann