Müll-Investition in die DDR

■ Westfirmen planen riesige Verbrennungsöfen

Bürgerinitiativen und Umweltgruppen der DDR hatten im Januar 1990 einen teilweisen Stopp der Giftmüllimporte aus West-Berlin durchgesetzt und von einer Reihe von Bundesländern Zusagen zur Reduzierung der nach Schönberg gelieferten Giftmengen erwirkt. Keine dieser Zusagen wurde eingehalten, die Jahreslieferfracht von Deutschland-West nach Deutschland-Ost beträgt nach wie vor 5,5 Millionen Tonnen, teilte Greenpeace mit.

In Schönberg, der größten Kippe Europas, ist vor allem die Kontrollstelle an der Grenze zur DDR weggefallen. Für den Lübecker Grünen und Müll-Experten Günter Wosnitza ist zwischen Lübeck und Schönberg „Wildwest ausgebrochen“. Da die Straße, die an der Deponie vorbeiführt, jetzt auch vom Durchgangsverkehr stark genutzt wird, stünden die Müll-LKW manchmal in 20 Kilometer langen Trabi-Schlangen. Die Makler-Firma HBK aus alten DDR-Zeiten soll inzwischen an der Deponie beteiligt sein.

Die Grenpeace-Experten für internationale Müllgeschäfte, Mathias Voigt (Ost-Berlin) und Andreas Bernstorff (Hamburg), warnen jetzt vor einer bevorstehenden weiteren Müllschwemme in die fünf neuen Bundesländer. Schweizer und bundesdeutsche Firmen wollen nämlich allein im Bezirk Magdeburg Verbrennungsanlagen für 660.000 Tonnen, davon 460.000 Tonnen Haus- und Giftmüll aus dem Westen, bauen. Nur 200.000 Tonnen der Kapazität ist für den Hausmüll aus dem Bezirk selbst vorgesehen. Die von diesen Müllöfen erzeugten, zum Teil sehr giftigen Verbrennungsreste — Schlacken, Flugstäube, Filteraschen und Reste aus der Rauchgasreinigung, etwa 250.000 Tonnen — sollen drüben verbleiben.

Ein Angebot gleichen gigantischen Umfangs von den Energiegiganten PreussenElektra und RWE wurde vom Rat des Bezirks Schwerin beschlossen. Auch in Spremberg und in Mühlhausen/Eichsfeld wollen Westfirmen Müllkraftwerke bauen. Insgesamt 18 solche Projekte ermittelte Greenpeace. Die Energieerzeugung aus Müll soll die Müllverbrennung schmackhaft machen.

Gleichzeitig bieten die Westfirmen mit ihrem Müll auch Lösungen für das eigene Müllproblem: Anstelle der bisher 100 bis 180 Kilogramm Müll pro Jahr und Einwohner dürfte eine dreifache Müllmenge auf die neuen Bundesländer zukommen, wenn einmal der Weststandard in Sachen Konsum und Verpackung erreicht ist. Die eigene Sekundärrohstoff-Erfassung (SERO) bezahlt die Ablieferung von Müll nicht mehr mit Geld wie in der DDR-Zeit und hat auch schon die Hälfte der Annahmestellen geschlossen. K. W.