Ex-DDR-Diplomaten aufs Abstellgleis

■ MitarbeiterInnen des ehemaligen DDR-Außenministeriums protestieren gegen Form ihrer Ablösung

Berlin (taz) — Hans-Dietrich Genscher hält, was er den einstigen DDR-Diplomaten versprochen hat: Nur Schlüssel und Pförtner des aufgelösten Außenministeriums und seiner Missionen werden vom Auswärtigen Amt übernommen. Die „politische Ebene“ ist schon bereinigt. Das „Aumi“, wie das wichtige Amt am Berliner Marx-Engels-Platz im Mitarbeiterjargon hieß, ist zur Verwaltungs- und Abwicklungsstelle geschrumpft. 400 MitarbeiterInnen des ehemaligen DDR-Außenministeriums — ihnen wurde die Galgenfrist vertraglich um ein Jahr verlängert — beseitigen unter Aufsicht des bisherigen Vertreters der Bundesrepublik in der DDR, Franz Bertele, die Reste einer gewaltigen Struktur. Die berufliche Laufbahn der übrigen 2.400 Mitarbeiter, davon 1.400 Diplomaten, endet vorerst im Wartestand: Je nach Alter erhalten sie sechs beziehungsweise neun Monate lang 70 Prozent des Arbeitsentgelts (ein Botschafter verdiente rund 2.100 Mark netto).

Hohngelächter hatte auf der letzten Belegschaftsversammlung Ende September die Dankesworte von de Maizières Vertreter Radzimanowski begleitet. „Ohne ihren Einsatz“, reichte er in einem Abschiedsbrief nach, „wäre der Beitrag unseres Hauses zur Regelung der außenpolitischen Aspekte der deutschen Einheit nicht möglich gewesen.“ 440 der so Gelobten, darunter auch Diplomaten „gehobenen Ranges“, unterschrieben ihrerseits einen Brief an Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth. Sie protestieren darin gegen die Art und Weise der Auflösung, die „essentielle Normen des Grundgesetzes und des Arbeitsrechts der Bundesrepublik Deutschland sowie elementare Regeln des menschlichen Anstands verletzt“. Eine Weiterbeschäftigung im öffentlichen Dienst ist für sie nicht vorgesehen. Ihre Ausbildung in den Instituten für Internationale Beziehungen in Moskau und Potsdam-Babelsberg — für die meisten der DDR-Diplomaten begann dort die Karriere — wurden von der Bundeskultusministerkonferenz nicht anerkannt.

Bleiben die von der Deutschen Angestellten-Akademie angebotenen Umschulungen — etwa zum Exportsachbearbeiter und Fachjournalisten —, von diesen Berufsgruppen füllen bereits Heerscharen die Berliner Arbeitsämter. Der Verband ehemaliger DDR-Diplomaten hat ein private Firma engagiert, die qualifikationsgerechte Arbeitsplätze besorgen will. Ihre Bemühungen läßt sie sich von ihren Klienten teuer bezahlen. Bei einer Neubewerbung im Auswärtigen Amt zählen allein die bisherigen Erfahrungen auf diplomatischem Parkett. 30 Ex-DDR- Diplomaten haben bisher von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und sich auf ihre MfS- und SED-Vergangenheit prüfen lassen. Viel Hoffnung bleibt dennoch nicht: Diese „Quereinsteiger“-Laufbahn ist im Auswärtigen Amt die Ausnahme. Bertele empfiehlt ein Weiterkommen auf anderen Gebieten. „Wir haben schon einen funktionierenden Auswärtigen Dienst.“

Auch Meckel hatte das seinerzeit erkannt. Dennoch verlangte er von seinen Mitarbeitern Loyalitätserklärungen. Mit einem Appell an sozialdemokratische Neigungen baute er wendebegabten Untergebenen eine Brücke, die sich nachträglich als Holzweg erwies. Der Ablehnung der außenpolitischen „Altlast“ steht die breite Werbekampagne um den Nachwuchs gegenüber. In diesem Jahr kommen 100 von insgesamt rund 700 Bewerbern für die 50 Ausbildungsplätze des höheren Dienstes aus den fünf neuen Ländern. ig