Für warme Winterabende

■ CLETUS OSSING sah sich Bücher zum Thema „Ökosystem der Alpen“ an.

Wie es dazu kam, ist schon weniger klar. Welche komplexe Entwicklung durch den ab Mitte der 50er Jahre einsetzenden Massentourismus im Alpenraum in Gang gesetzt wurde, kann man in Werner Bätzings Buch über die Alpen nachlesen. Genau genommen wurde durch die Touristenströme (Bätzing spricht von 60 Mio. Kurzurlaubern und 40 Mio. länger bleibenden Touristen pro Jahr) ein schon vorher ablaufender Prozeß der Zerstörung sozialer und ökologischer Systeme im Alpenraum unter Verschärfung fortgesetzt. Die Alpen als hochsensibles Ökosystem sind eben auch Kulturlandschaft, und ohne die Bewirtschaftung durch die Bergbauern kommt hier buchstäblich was ins Rutschen. Dieses beste Buch zum Thema ist leider momentan vergriffen, soll aber im Frühjahr beim Beck- Verlag neu erscheinen. Als Alternative dazu kann man Bätzings noch erhältliche Artikelserie über die Alpen in der „Kommune“ bestellen.

Die anhaltend schneearmen Winter belasten den Alpenraum zusätzlich. Ob das schon auf den Anstieg der Mitteltemperatur der Atmosphäre zurückzuführen ist, läßt sich noch nicht beantworten. Aber nachlesen, was das eigentlich ist, der Treibhauseffekt (den es auch ohne menschliches Zutun gibt) und wie an der Strahlungsbilanz der Erde rumgewerkelt wird, das kann man schon. Der Klimatologe Schönwiese und der Physiker Diekmann haben dazu ein gutes Buch geschrieben, das allgemeinverständlich und trotzdem wissenschaftlich ist; auch wer keine Ahnung von Computern hat, kann hier verstehen lernen, was Klimamodellierung eigentlich alles ist. Die Schlußfolgerung der Autoren, daß die Kernenergie das Hilfsmittel gegen weiteren CO2-Anstieg in der Atmosphäre ist, muß man allerdings – vor allem angesichts der Lebensdauer der strahlenden Abfälle – nicht unbedingt teilen. Trotzdem: lesen! Etwas anderen Charakter hat das Buch zum gleichen Thema von Crutzen und Müller. Müller, SPD-MdB und Mitglied der Enquete-Kommission „Erdatmosphäre“, und Crutzen, der den „nuklearen Winter“ infolge eines Atomkrieges bekannt machte, haben Beiträge über 20 AutorInnen zusammengetragen, Wissenschaftler, Politiker, Ökos und AKW-Betreiber. Erstaunlich ist die Ähnlichkeit der Äußerungen der Politiker zum Thema: Überall die gleiche tönende Besorgnis, die mit faktischem Nichthandeln korrespondiert. In der Problemwahrnehmung ist von Schwarz bis Grün alles fast identisch, und mit Ausnahme der Grünen sind auch die vorgeschlagenen Lösungen nahezu deckungsgleich. Als Überblick über den derzeitigen Stand der Diskussion im politisch-ideologischen Raum ist das Buch durchaus brauchbar.

W. Bätzing: „Die Alpen“, Sendler-Verlag, 180 S. (z.Zt. vergriffen, als Alternative dazu die noch erhältliche Artikelserie in „Kommune“, Nr. 11 u. 12/1983, 1 u. 2/1984, Frankfurt, Postf. 111162)

C. Schönwiese/B. Diekmann: „Der Treibhauseffekt“, rororo 8512, 1989, 214 S., 8,80 DM

P. Crutzen/M. Müller: „Das Ende des blauen Planeten?“, Beck-Verlag, 16,80 DM