Sotheby's bleibt halbherzig

■ Ausstellung im Schloß, Büro in Mitte, doch keine Auktionen

Vier Tage gewährt das Auktionshaus Sotheby's den Berlinern, unter den Highlights der Londoner und New Yorker Herbstauktionen einen, dem künftigen Hauptstädter und Kulturmetropolisten adäquaten, Wandschmuck auszuwählen. Von Dienstag bis Freitag präsentiert das amerikanisch-britische Unternehmen in einer Sonderschau anläßlich der Eröffnung seiner Berliner Filiale Gemälde internationaler Markenkünstler im Schloß Charlottenburg. Bevor Monet, Kandinsky, Lichtenstein, Picasso, Kirchner, Rauschenberg, Rothko, Cy Twombly, Nolde, Munch und Kollegen in New York und London unter den Hammer kommen, können die deutschen Interessenten Flugkosten sparen und schon in Charlottenburg eine Vorauswahl treffen, um im Herbst per Telefon die zwischen 300.000 und 6Millionen Mark teuren Arbeiten zu ersteigern.

Christoph Graf Douglas, der deutsche Geschäftsführer von Sotheby's, hingegen sieht in der Ausstellung, wie er am Samstag verkündete, eine Gelegenheit, sein Unternehmen vor allem als »Bilderreisebüro« vorzustellen. Die Betonung des »Touristischen« könnte als taktlose Anspielung auf die vom Grafen offenbar vermutete fehlende finanzielle Potenz der Berliner Haushalte mißverstanden werden. Auch die Ankündigung Sotheby's, in dem 250 Quadratmeter großen Büro, das seine Arbeit heute aufnimmt, zwar den üblichen Service anzubieten, jedoch keine Auktionen durchzuführen, stärkt den Verdacht, daß das Engagement des 1744 gegründeten Hauses nur ein halbherziges ist.

Der Berliner Sitz der Firma ist das Palais am Festungsgraben im historischen Zentrum der Stadt. Das Haus hinter Karl Friedrich Schinkels Neuer Wache beherbergte bis 1945 das Preußische Finanzministerium. Von 1947 an war das Palais Sitz des Hauses der deutsch- sowjetischen Freundschaft. Jetziger Besitzer ist die Interclub GmbH. Die übrigen Räume sind an Salomon Brothers, New York, und Barclays Bank, London, vermietet. Sotheby's verfügt bereits über erste Kontakte zu privaten Sammlern in der ehemaligen DDR. Diesen will das Berliner Büro hilfreich und beratend zur Seite stehen. So können im Palais Einlieferungen für Auktionen entgegengenommen, Sammlungen und Einzelstücke kostenlos geschätzt, Kataloge eingesehen und Gebote aufgegeben werden. a.m.