KOMMENTAR
: Neue Töne vom amerikanischen Freund

■ Die US-Initiative im Sicherheitsrat setzt Israel tatsächlich unter Druck

Was Israels Schamir-Regierung wirklich beunruhigt ist die beginnende Internationalisierung des Israel-Palästina-Konflikts — und dann zu allem Überfluß auch erstmalig als Initiative von und nicht gegen die USA in einem UNO-Sicherheitsrat, der aufgehört hat, eine Zirkusmanege der Ost-West-Konfrontationen zu sein.

Von Israel wird in der UN-Resolution vom Wochenende im Augenblick nicht einmal Großartiges verlangt. Aber für die Zukunft müssen die politischen Folgen der amerikanischen Einstellungsänderung Schamirs Regierung tatsächlich beunruhigen. Es ist nun klar, daß die Vereinigten Staaten die UNO als neues Instrument verwenden, um den israelisch-arabischen Konflikt anzugehen. Von dort soll offensichtlich nicht nur das Nahost-, sondern auch das Mittelostproblem angepackt werden. Das State Department hat sichtlich die Nase voll von Schamirs Verzögerungsversuchen und Aufschubtaktiken. Und seit der Golfkrise hatte Schamirs Abwehr auch nur der kleinsten politischen Veränderungen innerhalb der besetzten Gebiete eine neue „Rechtfertigung“ erfahren: Offenbar wollte man in Israel erstmal abwarten, bis der Golfkonflikt die irakische Kriegsmaschine zerstört hat. Das müßte man hinnehmen — meinte Schamir — als Preis für das von Washington geforderte „niedrige Profil“, ein Stück Zurückhaltung Israels im Golfkonflikt.

Eine weitere Bedingung Israels war: „no linkage“ — will heißen: keine Koppelung — der Probleme und Lösungsstrategien im Golf mit denen weiter westlich im israelisch-palästinensischen Konflikt. Jetzt aber kann Bush den Sicherheitsrat als Druckmittel verwenden, um den israelischen Ministerpräsidenten in Bewegung zu setzten, ohne das der eine Chance hätte, ernstlich Widerstand zu leisten: So was würde nämlich sehr bald zu internationalen Sanktionen führen, denen Israel nicht gewachsen ist. Washington, ja sogar Präsident Bush persönlich, lehnt bisher eine „linkage“ zwischen den beiden Konflikten im Nahen Osten ab. So weit die Rede, aber praktisch ist die Koppelung bereits Teil der Sicherheitsratsresolution vom Wochenende: Amerika zahlt einen Teil der Schulden an die arabischen Partner im Golfkonflikt ab, verläßt die Exklusivität der bisher allein mit Israel eingegangenen strategischen Allianz und auch die bisherige Routine von — mittlerweile immerhin 19 — Vetos gegen „antiisraelische Resolutionen“ im Sicherheitsrat.

Darüberhinaus ist klar, daß Washington Damaskus „grünes Licht“ dafür gegeben haben, den libanesisch-christlichen Boß, General Michel Aoun, loszuwerden. Auch damit hat Amerika gezeigt, daß die Lösung von Problemem außerhalb des Golfes nicht bis zur Beilegung des Konflikts mit Bagdad zu warten braucht. Die rasche Beseitigung des Generals war für Jerusalem ein ziemlich traumatisches Signal für die bevorstehende „Gefahr“ schneller Lösungen. Weiß man denn, was alles passieren kann auf dem Golan und im südlibanesischen „Sicherheitsgebiet“, nachdem die amerikanisch-syrischen Beziehungen wesentlich besser geworden sind?

Sowohl „Internationalisierung“ als auch „linkage“ sind Konstellationen, die die Schamir-Regierung vor eine ganz neue Situation stellen. Der Druck, den politischen Prozeß endlich in Bewegung zu setzen, wird von jetzt an breiter und unausweichlicher. Amos Wollin, Tel Aviv