Einverleibung: PDS schluckt Linke Liste

■ Die Initiativgruppen Linke Liste/PDS in den westlichen Bundesländern sollen zu Landesverbänden der PDS gewendet werden/Hüben und drüben sorgt man sich um Identität und fürchtet sich vor Einmischung

Bonn (taz) — Der Parteitag der PDS hatte gestern eine folgenreiche Grundsatzentscheidung zu treffen: Auf Initiative des Vorstandes hin sollen die bisher existierenden Initiativen der Linken Liste/PDS in den westlichen Bundesländern zu Landesverbänden der PDS gewendet werden. Bei Redaktionsschluß dauerte die Diskussion über diesen bei West- und Ost-Linken umstrittenen Vorschlag noch an. Es wird allgemein erwartet, daß die Delegierten dem Vorschlag des Parteivorstandes folgen. Die Entscheidung war notwendig geworden, um dem neuen Wahlgesetz Rechnung zu tragen. Dies schließt Listenverbindungen zwischen konkurrierenden Organisationen aus Ost und West aus. Die PDS kann also nicht wie geplant mit der Linken Liste/PDS gemeinsam zur ersten gesamtdeutschen Wahl antreten. Nach dieser Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes muß die PDS, um West-Stimmen zu bekommen, auch im Westen antreten. Der Vorschlag vom Vorstand der PDS und dem Beirat, bestehend aus PDS, Linken Gruppierungen der Ex- DDR und der Linken Liste/PDS hat in West und Ost zu Irritationen geführt. Die PDS-Genossen sind über den plötzlichen Zuwachs westlicher linker Ideologen gar nicht glücklich. „Ich kenne Euch ja gar nicht“, deutete ein Delegierter aus Sachsen-Anhalt seinen Unmut an. Die PDS-Basis, weder an die Oppositionsrolle gewöhnt noch an ideologische Streits, hatte den gemeinsamen Wahlparteitag im September verstört über die „Fremdartigkeit der Sprache und des Gedankenguts“ (Solveig Wegner) der West-Genossen verlassen. Trotzdem sprachen die meisten RednerInnen für die Gründung der Landesverbände. Die Begründung: Die neuen Genossen könnten den Prozeß der Erneuerung in der PDS beschleunigen. Doch auch die Westler brechen nicht gerade in Jubelschreie aus angesichts der Tatsache, daß die Verlobung jetzt eine Hochzeit werden soll. Denn für sie heißt es dann auch Farbe bekennen und den Mitgliedsausweis beantragen. Die „kritische Distanz“, die sie sich zur PDS bewahren wollten, ist dann dahin. Und in guter alter linker West-Tradition wurde sich dann auch untereinander gestritten. Monika Balzer stellte für die PDS—Initiative Hamburg in Frage, daß die Linke Liste diejenige sei, die das Recht hat, PDS zu werden. Die offensichtliche Bevorzugung der Linken Liste durch die PDS findet sie nicht richtig. Über die konkrete Zusammenarbeit in der neuen Partei, die Stellung der neuen Landesverbände, über Satzung, Delegiertenschlüssel, Anteile im Vorstand usw. — sprich die Machtverteilung — wurde auf dem Parteitag nicht geredet. Brigitte Fehrle