Koalitionspoker

■ Das Wahlergebnis in Brandenburg heizt in Berlin die Spekulationen über Bündnisse nach dem 2. Dezember an BERLIN-BRANDENBURG

Berlin. Rings um Berlin gibt es nach der Wahl vom Sonntag keine Mehrheiten mehr für die CDU, und im Potsdamer Landtag schienen gestern die Weichen in Richtung einer sogenannten Ampelkoalition gestellt — Anlaß für die Berliner Politiker, über mögliche Koalitionen in Berlin nach dem 2. Dezember nachzudenken, selbstverständlich hinter verschlossenen Türen. Soviel ist klar: Die Länder Berlin und Brandenburg werden künftig aufs engste zusammenarbeiten und die Strukturprobleme der Region lösen müssen. Nach außen hin signalisierten die Sozialdemokraten schon am Wahlabend Freude über das gute Abschneiden ihrer GenossInnen im Nachbarland, und der Oberbürgermeister Schwierzina empfahl ein rot-grün-gelbes Bündnis — obwohl er nach den Kommunalwahlen vor einer solchen Liaison zurückgeschreckt war. Die Westberliner SPD, die auf ihrem Parteitag vollmundig eine Alleinregierung angekündigt hat, hütet sich wegen des beginnenden Wahlkampfes vor jeglicher Äußerung, die als Koalitionsaussage interpretiert werden könnte. Insgeheim ist manchem Genossen vom rechten Flügel eine solche Konstellation in Brandenburg gar nicht recht, erhält dadurch doch das längst totgeglaubte rot-grüne Projekt in Berlin neuen Rückenwind.

Eine ähnliche Konstellation für Berlin wäre ja theoretisch vielleicht denkbar, so war gestern zu hören, aber praktisch sei sie unvorstellbar. »Man hat schon Pferde kotzen sehen«, kommentierte ein AL-Abgeordneter lakonisch, aber »eigentlich« sei schon Rot-Grün alleine ausgeschlossen. Die Stimmung im rot-grünen Krisenprojekt tendierte in den letzten Wochen gegen Null. Im Westteil der Stadt deuten alle Anzeichen auf eine große Koalition, denn die erscheint vielen Sozis bequemer als die ewigen Streitereien mit den Alternativen, und auch die CDU ist nicht gänzlich abgeneigt. Die ehemaligen OstgenossInnen sind teilweise anderer Meinung: Auf dem Parteitag empfahl Ex-Parteichef Thierse auch für Berlin ein Bündnis mit den Bürgerbewegungen.

Die CDU nutzte gestern gleich die Gunst der Stunde, um ihre Polarisierungsstrategie gegen Rot-Grün fortzusetzen: Unter einem solchen Bündnis, so CDU-General und Wahlkampfleiter Landowsky, verkäme Brandenburg zum Armenhaus. Und Momper plane bereits »heimlich« die nächste rot-grüne Koalition. kd