KOMMENTAR
: Opposition im Abseits

■ Die Landtagswahlen in den neuen Bundesländern

Das Ergebnis bei den ersten Landtagswahlen in den neuen Bundesländern ist für das Spektrum links von der Union katastrophaler noch als es auf den ersten Blick erscheinen mag. Vorab die Sozialdemokraten, die jetzt — den Dezember-Einbruch schon fest im Blick — zumindest einen landesweiten Fünfprozentauftrieb für sich reklamieren wollen, haben die historische Niederlage vom Wochenende noch kaum realisiert. Die SPD ist im Osten des neuen Deutschland auf dem besten Wege, sich als Zwanzigrozentpartei zu stabilisieren. Gesamtdeutsch drohen Adenauersche Zustände.

Alle Versuche der SPD, die Abfuhr mit Zahlenspielereien ins Positive zu interpretieren, gehen daneben. Denn selbst in Brandenburg, wo die SPD den künftigen Regierungschef stellen darf, verflüchtigt sich bei genauerem Hinsehen der nominelle Zugewinn: Neun Prozent Plus für Manfred Stolpe bedeuten unterm Strich 62.000 weniger Stimmen als bei den Volkskammerwahlen. Auch das grün-bürgerbewegte Spektrum hat seit Sonntag wieder Grund zum Nachdenken. Die hochfliegende Wahlprognose ist Makulatur, die Fünfprozenthürde in den Bundestag längst noch nicht genommen. Für die PDS wird es künftig ebenfalls eng. Nach den dramatischen Einbrüchen in ihren nördlichen Hochburgen stellt sich den SED-Nachfolgern früher als erwartet die Existenzfrage.

Alle Spekulationen, die sozialen und ökonomischen Folgen der Währungsunion würden die Wähler nach der Euphoriewahl vom März im Herbst in die Arme der Kohl-Kritiker treiben, gingen ins Leere. Der Einheitstaumel ist verflogen, die CDU bleibt attraktiv. Das ist die nüchterne Botschaft vom Sonntag. Daß die Neu-Landnahme der CDU noch immer eher auf Sozialpsychologie denn auf überzeugenden Konzepten beruht, daß Lafontaines begründete Skepsis der neudeutschen Unübersichtlichkeit allemal angemessener scheint als Kohls ungetrübte Optimismuskampagne, macht die Niederlage für die SPD eher schlimmer. Selbst wenn sie außer ihrer Skepsis den ehemaligen DDR- BürgerInnen auch noch ein Konzept bieten könnte, bliebe sie auf absehbare Zeit im Hintertreffen. Die CDU hält die Position als kollektiver Wunscherfüller besetzt, selbst wenn die Erfüllung etwas länger dauert als ursprünglich suggeriert. Hoffnungen, daß es am Ende doch nicht einfach zur politischen Neuauflage der 50er Jahre kommt, lassen sich nach diesem Wahlsonntag paradoxerweise eher am sächsischen CDU-Erfolg festmachen, als an den Herausfordererqualitäten der Opposition. Kurt Biedenkopf hat gute Aussichten, zur Integrationsfigur der Union in der ehemaligen DDR zu avancieren. Gelingt es ihm, die CDU der neuen Bundesländer auf Modernisierungskurs einzuschwören, wird zumindest der Versuch scheitern, die alte Union umstandslos in die gesamtdeutsche Zukunft zu retten. Matthias Geis