„4,9 Prozent — oder was auch immer“

Reps nicht im bayerischen Landtag/ Schönhuber spricht von Pech und Wahlanfechtung  ■ Aus München Bernd Siegler

Am Wahlsonntag um 19.30 Uhr ist der Moment gekommen, auf den Franz Schönhuber, Chef der rechtsextremen „Republikaner“, lange gewartet hatte. Staatsmännisch schreitet er die Treppen des Maximilianeums empor, Kamerateams reißen sich um ihn, selbst der Bayerische Rundfunk, der den einstmaligen Chefredakteur geschaßt hatte, bittet zum Interview. Schönhuber ist im sicheren Glauben, daß seine Partei in ihrem Stammland Bayern den Einzug in den Landtag geschafft hat. Er sonnt sich in seinem persönlichen Triumph, schließlich hat er in seinem Wahlkreis im oberpfälzischen Cham satte 9,1 Prozent der Erststimmen für sich verbuchen können. Doch die Euphorie über den „unglaublichen Erfolg“ währt nur knappe drei Stunden. 22.20 Uhr, als Schönhuber den Landtag längst wieder verlassen hat, rangieren die Reps bei den Hochrechnungen plötzlich nur mehr bei 4,9 Prozent. Dabei bleibt es auch. Vierzig Minuten nach Mitternacht ist es aus. Landeswahlleiter Schiedermeyer verkündet das vorläufigen Endergebnis. Den Reps bleibt der Einzug in den Landtag verwehrt und Schönhubers Genugtuung, endlich einmal bei der Politikerrunde im TV dabei sein zu dürfen, bleibt für ihn ein vorerst einmaliges Glücksgefühl.

Das allderdings kostet er in vollen Zügen aus. Der „demokratische Grundkonsens der Reps“ habe sich durchgesetzt, strahlt er in die Kameras, nichts sei „erfolgreicher als der Erfolg“. Kein Interview ohne den obligatorischen Verweis auf seinen bayerischen Verdienstorden. Wolfgang Hüttl, der bayerische Landesvorsitzende findet alles noch „super“, und Rolf Schlierer, der neue Kronprinz Schönhubers, träumt noch vom „Durchbruch der Partei“. Trotz der 5,3 Prozent und elf Mandate, die die Hochrechnungen permanent vermelden, beharrt CSU-Generalsekretär Erwin Huber auf Verharmlosung und nennt den Einzug in den Landtag als weitere Etappe des „unaufhaltsamen Niedergangs der Reps“. Alois Glück, CSU-Fraktionsvorsitzender im Landtag jubiliert, daß trotz der Rep-Gewinne die CSU nahezu konstant geblieben ist. Die Stimmen der Reps könnten also nicht von der CSU kommen. „Da ist ein Märchen zusammengebrochen.“

Mehr als zwei Stunden hatte der Rep-Bundesvorstand dann am Tag danach Zeit, sich um eine offizielle Sprachregelung für das knappe Scheitern an der 5-Prozent-Hürde zu bemühen. Als Schönhuber schließlich vor die Presse geht, spricht er von „4,9 Prozent — oder was auch immer“. Seine Partei wolle die Wahl überprüfen lassen und gegebenenfalls anfechten. Ihm lägen mindestens eine eidesstattliche Versicherung vor, daß es bei der Auszählung der Stimmen zu Unregelmäßigkeiten gekommen sei. Er spricht von „Schicksal“ bzw. „Pech“, Bundesvorstandsmitglied Haussmann bemüht gar das Beispiel vom undankbaren 4. Platz mit drei Tausendstel Rückstand bei der Olympiade. Schönhuber fühlt sich trotzdem als „der große Wahlsieger“, zumal der Bundesvorstand ihm zu 99 Prozent das Vertrauen ausgesprochen hat. Längst hat der Rep-Chef ausgerechnet, daß etwa zwei Millionen DM Wahlkampfkostenrückerstattung die Parteikasse auffüllen werden — eine gute Grundlage für den gesamtdeutschen Wahlkampf. Dort wollen sich die Reps auf allen Ebenen als „Law- and-order-Partei profilieren. Der Rep-Chef erwägt gar, in der ehemaligen DDR zu kandidieren. „Ich lasse mir von niemanden meine gute Laune verderben“, verkündet er schließlich schon fast trotzig — hinter ihm hängt das Plakat „Die Zeit ist reif für die Republikaner“.