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„Wir brauchen einen gemeinsamen Apparat“

■ Jochen Lässig vom Neuen Forum Leipzig über die Landtagswahl in Sachsen und Perspektiven alternativer Politik INTERVIEW

taz: Wie ist das Wahlergebnis von nicht eimal 6 Prozent bei den sächsischen Grünen/Bündnis 90 aufgenommen worden?

Jochen Lässig: Bei uns in Leipzig war die Reaktion eher nüchtern, es gab keine große Bestürzung. Bedenklich ist allerdings, daß die CDU die absolute Mehrheit bekommen hat. Die CDU hat so die Möglichkeit, relativ unbeschränkt ihre Interessen durchzusetzen. Gerade in dem Bereich Bildung habe ich die ärgsten Befürchtungen. Die CDU vertritt da extrem abweichende Ansichten und scheint wenig gesprächsbereit. Soviel Macht ist einem so frühen Stadium der Demokratie eine sehr große Versuchung.

Worauf würdest du diesen furiosen Wahlerfolg der CDU zurückführen?

Ich denke, es war ein ausgemachter Personenwahlkampf. Ähnlich wie in Thüringen hat es der Wähler nicht honoriert, wenn Westimporte, wie Anke Fuchs bei uns in Sachsen, Wahlkampf auf gepackten Koffern machen, um beim Mißerfolg wieder ins nette Heim zurückzukehren. Bei Biedenkopf lag die Sache schon anders. Er ist ja schon sehr früh nach Leipzig gekommen und hatte sich schon eine quasi unpolitische Akzeptanz verschafft durch seine Lehrtätigkeit an der Universität.

Das Wahlergebnis ist auch für das Bündnis nicht gerade traumhaft. Haben sich die Querelen um das Zusammengehen von Bürgerbewegungen und Grünen negativ ausgewirkt?

Wer von den Wählern diese Auseinandersetzungen wirklich mitbekommen hat, dem kann man seine Zurückhaltung eigentlich nicht übelnehmen. Es hat jedoch in dieser Landtagswahl ein klares Votum für ein Bündnis von Bürgerbewegungen und Grünen gegeben. Die schlechten Ergebnisse in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern, wo man getrennt antrat, sprechen eine deutliche Sprache. Ich sehe das Wahlergebnis als deutlichen Auftrag dafür, den Einigungsprozeß zwischen Bürgerbewegungen und Grünen auch organisatorisch schneller voranzutreiben. Wir brauchen unbedingt einen gemeinsamen Apparat, auch wenn die Basisgruppen weiterhin separat arbeiten. Wir brauchen klar abgesteckte Kompetenzen, damit wir nach außen hin, im Wahlkampf zum Beispiel, ein einheitliches Bild bieten können.

Welche Themen will das Bündnis im Landtag forcieren?

Naturgemäß werden dies Ökologie, Bildung und Verfassung sein. So gilt es zu verhindern, daß das baden-württembergischen Bildungsgesetz bei uns hier durchgesetz wird. Interview: Stefan Schwarz

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