Baustopp für die Stromtrasse

■ Verbundnetz AG reagiert auf Proteste der Gemeinde Schönwalde/ Das Potsdamer Kreisgericht hat noch nicht entschieden

Schönwalde/Berlin. Baustopp für die Stromtrasse zwischen Helmstedt und Berlin: Seit gestern ruhen in dem nordwestlich von Berlin gelegenen Schönwalde die Bauarbeiten an der Hochspannungsleitung. Gestern nachmittag sei der Baustopp wirksam geworden, sagte der Berliner Produktionsbereichsleiter der Energiebau GmbH, Bernd Lindner, zur taz. Die Entscheidung sei von seinem Auftraggeber, der Verbundnetz AG (Venag), verfügt worden, nachdem die Gemeinde Schönwalde Protest gegen die Bauarbeiten eingelegt hatte. Die Gemeinde hatte nach Angaben ihres Westberliner Anwaltes bereits eine Strafanzeige erwogen, weil Arbeiter der Energiebau noch am Vormittag auf dem Gemeindegebiet zehn Meter lange Eisenrohre als Fundamente für die Strommasten in den Boden gesenkt hatten.

Das Kreisgericht Potsdam-Mitte, bei dem der Schönwalder Bürgermeister Wolfgang Leißner bereits am Freitag einen Antrag auf Baustopp eingereicht hatte, hat in der Sache noch nicht entschieden. Heute wollen sich die Kontrahenten mit dem zuständigen Richter zu einer Beratung treffen. Allerdings sei noch unklar, wer eigentlich der Antragsgegner der Gemeinde sei, meinte Holger Eberlein, ein Mitarbeiter des Rechtsanwaltes der Schönwalder. Auch der Richter, ein aus Westdeutschland ausgeliehener Verwaltungsjurist, habe sich über die »verworrene« Lage des Falls beklagt.

Wie berichtet, hat die Energiebau GmbH (früher: VEB Energiebau) bereits eine an die zwei Kilometer lange Schneise durch den Schönwalder Forst geschlagen. Über die Trassenführung müsse jetzt aber neu beraten werden, räumte Energiebau- Manager Lindner ein. Die von Schönwalde kritisierte bisherige Planung sei der Energiebau von der Venag vorgegeben worden, rechtfertigte sich Lindner. Für die einzelnen Abschnitten gebe es Verträge mit den Betroffenen. In Schönwalde ist nach Angaben der Gemeinde jedoch lediglich ein Vertrag zwischen der Venag und der örtlichen LPG bekannt. Im Bürgermeisterbüro hatten die im Mai neugewählten Kommunalpolitiker keinerlei Genehmigungsunterlagen vorgefunden.

Der Baustopp kostet die Energiebau GmbH nach den Worten von Lindner täglich 20.000 Mark, weil eine Dieseldampframme stillsteht. Seine Firma will deshalb von der Venag Schadensersatz fordern. Bis Genthin östlich von Magdeburg ist die Trasse bereits komplett fertiggestellt und am 26. September an die Auftraggeberin übergeben worden. Auch die Arbeiten an den beiden letzten Bauabschnitten zwischen Genthin und der Berliner Stadtgrenze seien weit fortgeschritten. Zwischen Premnitz und der Schönwalder Kreisstadt Nauen würden die Masten schon montiert. An der Berliner Stadtgrenze wird die Hochspannungsleitung freilich erst einmal ins Leere ragen: Die Anschlußleitung, die durch den Stadtbezirk Spandau führen soll, wird frühestens 1993 fertig sein. Grund: Anders als in der ehemaligen DDR ging der Genehmigung der Trasse in West-Berlin eine lange Diskussion voraus. hmt