Irak: Über 100 Firmen verdächtig

■ Ein bisher unbekannter interministerieller Ausschuß in Bonn untersucht Export-Geschäfte

Basel (taz) — Weit über 100 deutsche Firmen stehen mittlerweile unter Verdacht, dem Militärregime des Irak auf teilweise illegalen Wegen zu Raketentechnologie, Atomtechnik, Giftgasanlagen sowie zu konventionellem Kriegsmaterial verholfen zu haben. Sie füllen eine aktuelle „Hitliste“ verdächtiger Unternehmen, die von einem interministeriellen Ausschuß zu Embargo-Fragen erstellt und ständig fortgeschrieben wird. Sie soll nach Informationen der taz derzeit 120 bis 150 Firmennamen umfassen. Gegen rund ein Drittel der aufgeführten Unternehmen laufen bei Staatsanwaltschaften und Zollfahndungsämtern bereits förmliche Ermittlungsverfahren.

Die Bildung des interministeriellen Embargo-Ausschusses war eine Konsequenz der Affäre um die Giftgasfabrik im libyschen Rabta. Damals wurden schwerwiegende Kommunikationsmängel zwischen den diversen für die Exportkontrolle zuständigen Stellen deutlich. So waren frühe Hinweise des Bundesnachrichtendienstes auf verdächtige Aktivitäten deutscher Firmen im Bonner Dschungel versickert.

Zur Verbesserung der Kommunikation und Koordination in Fragen sensitiver Exporte wurde der Ausschuß unter Federführung des Wirtschaftsministeriums eingerichtet. In dem Gremium, das regelmäßig monatlich tagt, treffen sich Beamte verschiedener Ministerien mit Vertretern der Fahndungsbehörden, des für Exportgenehmigungen zuständigen BAW in Eschborn und des Geheimdienstes zum Informationsaustausch. Seit Beginn der jüngsten Golfkrise herrscht in dem geheim tagenden Zirkel Hochsaison. Das Ende der Liste ist noch nicht in Sicht. thosch