Polen und Weißrussen streiten sich

Eklat beim Besuch des polnischen Außenministers Skubiszewski in Weißrußland  ■ Aus Warschau Klaus Bachmann

Mit einem Eklat endete am Montag der Besuch des polnischen Außenministers Skubiszewskis in Weißrußland: Die weißrussische Regierung lehnte es kategorisch ab, eine gemeinsame Erklärung zu unterzeichnen und verwarf damit zugleich auch ein Bekenntnis zu den bestehenden Grenzen zwischen Polen und der Weißrussischen Republik. Es wäre ein Skandal, würde er ein solches Dokument ohne vorherige Konsultation mit der Bevölkerung, dem Parlament und der Opposition unterzeichnen, erklärte der weißrussische Außenminister Piotr Krawczenko seinen polnischen Gästen.

Diese traf die Ablehnung unerwartet, hatten sie doch schon vor drei Wochen den Text der Deklaration an alle wichtigen politischen Kräfte des Landes übermittelt. Zwar betonte Krawczenko, Weißrußland erhebe keine territorialen Ansprüche gegenüber Polen, doch wollte er sich zugleich nicht zum polnisch-sowjetischen Grenzvertrag von 1945 bekennen, „da damals Weißrußland nicht gefragt worden sei“.

Meinungsverschiedenheiten gab es bei dem Besuch auch über die Lage der polnischen Minderheit in Weißrußland und der weißrussischen in Polen. Nach offiziellen polnischen Angaben leben in der Gegend um Bialystok ca. 180.000 Weißrussen, nach Angaben weißrussischer Minderheitsaktivisten sind es 300.000. Auf mindestens ebensoviel schätzen polnische Experten die Zahl der polnischen Minderheit in Weißrußland, die dort bereits Minderheitenvereinigungen gegründet hat.

Die polnischen Weißrussen haben sich indessen rege an den Kommunalwahlen im Sommer beteiligt, dabei stellen sie in den Hochburgen der Minderheit, in Bialowieza 14 von 15 Räten, in Hajnowka 7 von 28. Dort gibt es inzwischen auch eine weißrussische Partei, die mit der Forderung auftritt Weißrussisch als zweite Pflichtsprache in den Schulen und als Amtssprache einzuführen. Die erste Forderung ist bereits erfüllt.

Weißrußland wirft indessen Polen vor, die Minderheit zu verfolgen und zu diskriminieren.

Neben der ungelösten Eigentumsfrage eines für die Weißrussen in Polen zum Symbol gewordenen Klosters, das in den 80er Jahren verstaatlicht wurde, sind es jedoch vor allem historische Gründe, die den Hintergrund für die Meinungsverschiedenheiten bilden.

Besonders während der zweiten polnischen Republik vor dem Zweiten Weltkrieg gab es in Nordostpolen, das sich Polen nach dem Ersten Weltkrieg als ehemaligen Teil des Jagiellonenreiches gewaltsam einverleibt hatte, häufig bürgerkriegsähnliche Auseinandersetzungen, in denen polnisches Militär die Sezessionsabsichten von Weißrussen, die teilweise von der Sowjetunion aus unterstützt wurden, bekämpfte. Viele dieser historischen Wunden sind bis heute nicht vernarbt.