Sanfte Landung

■ „Liebe, Rache, Cappuccino“ von Jon Amiel

Es war einmal ... ein Liebespaar. Das liebte sich echt und rein. Und weil der Rest der Welt sich gegen sie verschwor, blieb ihnen nur der Sprung von einem schrecklich hohen Turm. Doch siehe, sie landeten sanft und wurden von einem Heuwagen ins Glück gekarrt.

In wunderschönen Bildern erzählt der Vorspann die Liebesgeschichte von Rosa und Danillo. Geigen klingen romantisch und untermalen. Schrift paßt sich ein. „Liebe,Rache, Cappuccino“ — ein Film von Jon Amiel. Über allem liegt ein goldener Schimmer, denn es ist Bella Italia.

Dann bekommt Eddie (Ian Hawkes) das Wort. Er ist zehn und berichtet rückblendend, wie es mit Rosa (Anita Zagaria) und Danillo (Joseph Long) weitergeht. Zwanzig Jahre werden zeitraffend bebildert: Heirat — Überfahrt nach England — Geburt der Kinder Eddie, Bruno, Teresa, Angelica — die kleine Karriere im fremden Land. Noch erzählt der Film zu hastig. Obwohl man sich in der Dunkelheit längst zurückgelehnt hat.

Als Familie Lucca nach London geht, wird es ruhiger. Es ist Zeit, sich in der Enge von Little Italy umzusehen. Unter einem Dach schuften sich drei Generationen durchs Leben. Die Großmutter regiert hart, aber herzlich. Papa, Mama und die Kinder führen das winzige Café. Die Bilder überzieht eine braune Patina. Vielleicht duftet es im Kino nach Cappuccino.

Nach dem Kaffee folgt die Rache, denn Barbariccia (Vittorio Amandola), der Nebenbuhler aus dem Vorspann, will eine alte Rechnung begleichen. Also lauert der Finstere heimlich und überall. Aber mit ein wenig Eigeninitiative werden Wunder Wirklichkeit. Und da es ein Märchen ist, belohnt das Happy-End die Guten und bestraft die Bösen.

„Liebe, Rache, Cappuccino“— 102 Minuten lang werden Uhren angehalten. Das Publikum kann sich im Strudel der ort- und zeitlosen Filmwelt verlieren. Denn auf der Leinwand werden Alltäglichkeiten spielerisch bewältigt und gesellschaftliche Probleme nur oberflächlich gestreift, selten rollt ein VW-Golf träge grinsend durchs Bild und holt schonungslos in die Realität zurück.

Wie fast immer, wenn Kino konventionell erzählt, ist das Seh-Risiko kalkulierbar. Die Eintrittskarte verbürgt unkomplizierte Déja-vu-Erlebnisse. Allgemein menschliches wird allgemeinverständlich bestätigt — alles kommt unabwendbar, wie erwartet und vorgestellt. Aber warum nicht? Immerhin läßt es sich mit der Sicherheit des Happy-Ends gutgelaunt aus dem Klappsitz aufstehen. Michaela Lechner

Jon Amiel: „Liebe, Rache, Cappuccino“. Mit Joseph Long, Anita Zagaria, Ian Hawkes; GB 1989; Farbe, 102 Min.