Tour d'Europe

■ Subventionsklüngel

„Gigantische Geldverschwendung“ bei den Agrarexporten hat die „Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände“ (AGV) der Europäischen Gemeinschaft vorgeworfen. Rund 140 Milliarden DM hat die EG in den vergangenen zehn Jahren allein für den Export von in Westeuropa überschüssigen landwirtschaftlichen Produkten ausgegeben. Mit dieser „Exporterstattung“ wurden die teuren EG-Produkte auf das niedrigere Preisniveau am Weltmarkt gedrückt — zum Leidwesen der agrarexportierenden Entwicklungsländer, die damit konkurrieren müssen. Aber auch die europäischen Steuerzahler werden bei dem seit Jahrzehnten praktizierten Verfahren gründlich gebeutelt — und nicht nur durch die Finanzierung der Überproduktion und danach der Zuschüsse für den Verkauf, das Stützungssystem zugunsten der Landwirtschaft ist darüberhinaus noch ein funktionierender Selbstbedienungsladen: Auf viereinhalb bis 15 Milliarden DM schätzt die Brüsseler EG-Kommission die jährlichen Verluste durch Betrugsgeschäfte mit Agrarsubventionen. Dennoch hat ihr in der vergangenen Woche der Europäische Gerichtshof künftige Vor- Ort-Untersuchungen zur Eindämmung dieses Mißbrauchs untersagt. Die französische Regierung hatte das Verfahren gegen die Inspekteure aus Brüssel angestrengt — jetzt fällt die Kontrolle von Wein- und Getreideproben, wie von Paris gewünscht, wieder ausschließlich unter nationale Aufsicht.

Seit gestern sind wieder belgische Schweine im europäischen Umlauf. Die EG-Kommission hat das wegen einer Schweinepest- Epidemie verhängte Exportverbot aufgehoben und die Schutz- und Beobachtungszonen in Belgien auf zwei Gemeinden beschränkt. Ausgeführt werden darf Fleisch von Tieren, die nach dem 15. Oktober unter veterinärmedizinischer Kontrolle geschlachtet wurden. Seit der im Februar ausgebrochenen Epidemie wurden rund 400.000 Tiere notgeschlachtet. Jetzt ist die Gefahr angeblich gebannt.

Nachdem nun aus den Menschen des ehemaligen Arbeiter- und Bauernstaates Konsumenten geworden sind, weiß die EG, wie ihnen zu helfen ist. Gemeinsam mit der Bundesregierung will sie auf dem Gebiet der ehemaligen DDR neue Organisationen zum Verbraucherschutz aufbauen. Rund 200.000 DM sind für die Betreuung der 16,4 Millionen neuen Verbraucher auf dem europäischen Markt vorgesehen. Ob die Summe für mehr als ein Zwei- Zimmer-Beratungsbüro ausreicht, darf bezweifelt werden.

Was ist ein nationales Kunstwerk? Rechtzeitig vor Beginn des europäischen Binnenmarktes Anfang 1993 muß diese Frage von den Mitgliedsländern der EG beantwortet werden. Denn nur „nationale Kunstwerke“ dürfen nach dem Wegfall der Grenzen noch im bisherigen Besitzerland zurückgehalten werden, alles andere gilt als ordinäre Ware, die frei gehandelt werden darf. Länder mit großem kulturhistorischem Schatz wie Italien oder Griechenland fürchten den Totalausverkauf: In Italien z.B. lagern, nach jüngster Unesco-Auflistung, über 40 Prozent aller weltweit vorhandenen Kunst- und Ausgrabungsgüter: „Und die werden natürlich alle anderen Völker, die je mit den Römern zusammengekommen sind, als supranationales Erbe reklamieren“, befürchtet das italienische Kulturgüterministerium. dora