Tauziehen um Agrarhilfe geht weiter

■ Bonner Koalitionsrunde fordert neue EG-Vorschläge zur Agrarfrage

Berlin/Bonn (taz/dpa) — Die Welthandelsrunde des Gatt (Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen) gerät immer stärker in Verzug, weil sich die EG-Minister nicht auf einen Kompromiß zum Abbau der Agrarsubventionen einigen können. Die EG-Agrarministerrunde ist ohne Ergebnis auf Freitag vertagt worden. Der Kompromißvorschlag der italienischen Ratspräsidentschaft, der eine Entschädigung der EG-Bauern für Subventionskürzungen sowie Beihilfen zur Stillegung und Wiederaufforstung von Agrarflächen vorsah, ist abgelehnt worden. Bundesernährungsminister Ignaz Kiechle (CSU) wollte einem Subventionsabbau nur zustimmen, „wenn er nicht zu Lasten der Bauern geht“, und die klassischen Freihändler in der EG, die Briten, Niederländer und Dänen, vertraten die Auffassung, daß die EG ihre eigene Position in der Gatt- Runde unterlaufe, wenn sie Subventionskürzungen durch Einkommensbeihilfen kompensieren will. Das für heute angesetzte Treffen der EG- Handelsminister, das die Gatt-Vorschläge formell verabschieden sollte, wurde abgesagt.

Gestern trat in Bonn eine Koalitionsrunde zusammen, um die deutsche Position für morgen festzulegen. Bundeskanzler Helmut Kohl, Ignaz Kiechle und Helmut Haussmann sowie Vertreter der Regierungsparteien einigten sich auf Eckpunkte zur Ergänzung des von der EG-Kommission vorgeschlagenen Abbaus der Agrarsubventionen um 30 Prozent bis 1996. Die Forderung der Amerikaner, Subventionen und Einfuhrkontingente durch Zölle zu ersetzen, die dann stufenweise abgebaut werden, soll erfüllt werden. Beihilfen für die Landschaftspflege oder Extensivierung sollen aber vom Subventionsabbau ausgeschlossen werden. Außerdem solle die EG schon jetzt Maßnahmen und deren Finanzierung festlegen, mit denen Einkommenseinbußen der Landwirtschaft durch den Abbau der Subventionen ausgeglichen werden. Minister Haussmann setzte sich erneut für direkte Einkommenshilfen an die Landwirte ein, mit denen vor allem kleinen bäuerlichen Betrieben besser geholfen sei als mit Produktionssubventionen.

Der Präsident des Bundesverbandes des Deutschen Groß- und Außenhandels (BGA), Klaus Richter, forderte unterdessen einen weitergehenden Abbau der Agrarsubventionen. Ein erfolgreicher Abschluß der Gatt-Verhandlungen sei für die gesamte europäische Wirtschaft von vitalem Interesse. Der freie Welthandel dürfe nicht kurzfristigen sektoralen Interessen geopfert werden. ew