Zwei deutsche AKWs für Brasilien

■ Entgegen des neuen Atomexport-Kurses: Minister Riesenhuber treibt den Bau voran

Brasilia (dpa/taz) — Der im Zuge der deutschen Vereinigung vom Bonner Kabinett beschlossene neue Kurs in der Atomexportpolitik bleibt ohne konkrete Konsequenzen. Bundesforschungsminister Riesenhuber sprach sich am Mittwoch in Brasilien erneut für den Bau von zwei Atomkraftwerken aus, die mit deutscher Technologie und Hilfe in der Küstenstadt Angra dos Reis errichtet werden sollen. Die Bundesregierung hatte vor der Riesenhuber-Reise bekräftigt, daß künftig Atomexporte nur noch dann genehmigt würden, wenn das Empfängerland „alles Kernmaterial“ den Kontrollen der Internationalen Atombehörde IAEO unterstellt, was in Brasilien bisher aber nicht der Fall ist.

In seinen Gesprächen in Brasilia mit Präsident Collor de Mello und anderen Regierungsmitgliedern forderte Riesenhuber von Brasilien die Einhaltung der atomaren Non-Proliferation. Es sei das Ziel der deutschen Seite, die Klauseln der Nichtweiterverbreitung zu garantieren, erklärte er vor der Presse. Konsequenzen aus dieser Haltung kündigte Riesenhuber klugerweise allerdings nicht an. Er sprach sich statt dessen grundsätzlich für eine Fortsetzung der deutsch-brasilianischen Atomkooperation aus.

Reserviert gegenüber dem Atomgeschäft zeigte sich bei den Gesprächen nicht die deutsche, sondern die brasilianische Seite. In der seit März amtierenden, neuen brasilianischen Regierung waren in letzter Zeit wiederholt Stimmen laut geworden, die Atomkraftwerke Angra zwei und Angra drei nicht — wie bisher geplant — zu vollenden. Gegner des Atomprojekts ist vor allem Umweltstaatssekretär Lutzenberger, ein international bekannter und geachteter Ökologe.

Brasilien war in der internationalen Presse wiederholt kritisiert worden, das nukleare Know-how und Material aus der deutsch-brasilianischen Kooperation für ein atomares Parallelprogramm der Streitkräfte verwendet zu haben. Die brasilianische Regierung hatte vor zwei Wochen explizit eingestanden, daß in der Vergangenheit die Option auf Atomwaffen tatsächlich verfolgt worden ist.

Hauptthemen der Gespräche Riesenhubers in Brasilia waren neben den Atomgeschäften vor allem der Schutz der Regenwälder, der zuletzt von Bundeskanzler Kohl verstärkt zum Thema gemacht worden war, und die weitere wissenschaftlich- technologische Zusammenarbeit der beiden Länder.

Der energiepolitische Sprecher von Grünen und Bündnis 90 im Bundestag, Daniels, verlangte von Riesenhuber die Aussetzung der Atomverträge. Jahrelang habe die Bundesregierung alle Hinweise auf die Existenz eines militärisch nuklearen Parallelprogramms Brasiliens abgeleugnet. Nun versuche der Forschungsminister „publizistisch zu retten, was faktisch und politisch nicht mehr zu retten ist“.

Der Forderung, daß alles Kernmaterial von einem Empfängerland der Internationalen Atomenergie- Behörde zur Kontrolle unterstellt werden muß, waren die beiden deutschen Staaten Ende August keineswegs wegen den Befürchtungen der Opposition nachgekommen. Allein, um das internationale Mißtrauen gegen die deutsche Vereinigung abzubauen, erklärten sie sich dazu bereit. -man-