■ KURZMELDER
: Traven-Auktion

Als »literarische Sensation« hat die Galerie Gerda Bassenge für den 14. bis 17. November eine Auktion mit 36 teils handschriftlichen, deutschsprachigen Briefen und Manuskripten des von vielen Rätseln umgebenen Schriftstellers B. Traven aus den Jahren 1925 bis 1932 angesetzt. Der Schätzpreis liegt bei 90.000 Mark. Traven (1890-1969), Autor von Abenteuerromanen wie Das Totenschiff, Die Baumwollpflücker und Der Schatz der Sierra Madre, gilt als einer der meistgelesenen und zugleich mysteriösesten Schriftsteller des 20. Jahrhunderts mit den unterschiedlichsten Pseudonymen wie zum Beispiel Ret Marut.

Die Galerie verweist auf die zunehmende Konzentration der Literaturforscher auf die Ret-Marut-Hypothese und die aufsehenerregende Versteigerung von Marut-Handschriften im Jahre 1989. Die Handschrift Travens zeige jedoch auffallend wenig Übereinstimmung mit der von Ret Marut. Nach Ansicht der Versteigerer stellt die vorliegende Sammlung von Briefen, Manuskripten und Fotografien erstmalig eigenhändige Briefe Travens vor, ferner seine eigenhändige Einführung in den Roman Der Baumwollpflücker — die Handschrift stimme mit dem einzigen Manuskriptblatt im Weimarer Kiepenheuer-Archiv überein.

Die zu versteigernden Briefe sind an den Berliner Feuilletonredakteur der sozialdemokratischen Wochenzeitung 'Vorwärts‘, John Schikowski (1867-1934) sowie an dessen 1947 gestorbene Ehefrau Lina gerichtet. Nach den Worten der Versteigerer sind sie die eigentlichen Entdecker des Schriftstellers B. Traven, der eng mit dem Lektor der Büchergilde Gutenberg, Ernst Preczang, zusammenarbeitete.

Die Briefe sind zum Teil recht ausführlich und, wie der Auktionator betont, »im Gegensatz zur Mystifikation ihres Schreibers manchmal etwas plauderhaft-großsprecherisch«. Ein vier Seiten langer, eigenhändiger Brief Travens vom 25. Februar 1925 geht erstmals ausführlich auf sein Leben in Mexiko ein.

Darin schreibt er: »Ich kenne das Leben in Mexiko, in Nord-Amerika, in Central-Amerika. Und da ich dieses Leben bis zu der Stunde, wo ich diesen Brief schreibe, als Arbeiter, als Oelmann, als Farmarbeiter, Kakaoarbeiter, Fabrikarbeiter, Tomaten- und Apfelsinenpflücker, Urwaldroder, Maultiertreiber, Jäger, Handelsmann unter den ‘wilden‚ Indianerstämmen in der Sierra de Madre [...] tätig war und es darum aus eigener Erfahrung kenne, glaube ich, Ihren Lesern viel Lustiges, Trauriges, Wissenschaftliches und Unterhaltendes mitteilen zu können. — Z.Zt. arbeite ich an einem größeren Roman, der als Mittelpunkt ‘die Eroberung Mexikos‚ hat, eine der grandiosesten Episoden in der Geschichte der Menschheit.«

Das Honorar von 500 Goldmark für den Abdruck der Baumwollpflücker enttäuschte den Autor etwas, und er wünschte Kontakte zu weiteren Verlagen. Ein sehr umfangreicher Brief vom 26. August 1925 geht auch auf seinen Wunsch nach Inkognito ein. Er wünscht keine Veröffentlichung eines Einzelfotos von ihm, »vielleicht im Kreise von Indianern oder Arbeitern [...] ich leide an Platzangst, wenn ich über den Platz Oeffentlichkeit gehen soll«.