Eine deutsch-französische Komödie der Irrungen

■ Die Geschichte des direktstrahlenden Fernsehsatelliten TV-SAT

München (dpa) — Der TV-SAT ist in der Krise. Er sollte ein Renommierstück deutsch-französischer Zusammenarbeit für die Zukunft der Unterhaltungselektronik, der Medienpolitik und der Technik werden. Statt dessen wurde der direktstrahlende Fernsehsatellit TV-SAT und seine neue Fernsehnorm D2-MAC eine „Komödie der Irrungen“, so lautete ein Referat bei den Medientagen in München.

„Die Situation des TV-SAT läßt sich kurz beschreiben: Man stelle sich vor, TV-SAT hörte auf zu senden; keiner merkt es, denn keiner schaut ihn an“, beschrieb Rolf Arnim, Geschäftsführer des Satelliten-Herstellerkonsortiums Eurosatellite GmbH (München), die Situation des 1989 gestarteten TV-SAT 2, der die Programme ARD Eins Plus, 3SAT (ZDF), RTL plus und SAT 1 ausstrahlt.

Im April 1980 vereinbarten die Bundesrepublik und Frankreich die technisch-industrielle Zusammenarbeit beim TV-SAT 1+2 und dem französischen Schwestersatelliten TDF 1+2 mit 520 Millionen DM Programmkosten. Als der TV-SAT 1 Ende 1987 gestartet wurde, gab es keine Endgeräte für die neue Norm, und eine technische Panne am Satelliten führte dazu, daß er nicht genutzt werden kann. Beim TV-SAT 2, im Herbst 1989 gestartet, hatte sich die Situation nicht wesentlich verbessert: Ein D2-MAC- Empfangsgerät ist um 300 bis 600 DM teurer als ein PAL-Empfangsgerät. Die gleichen Satellitenprogramme werden auch in PAL-Norm über andere Bundespost-Satelliten für den Direktempfang ausgestrahlt.

Bundespostminister Christian Schwarz-Schilling versucht jetzt, dem TV-SAT doch noch Leben einzuhauchen: Die Bundespost Telekom, die Programmanbieter und die Geräteindustrie haben eine Absichtserklärung unterzeichnet, Maßnahmen zu ergreifen, damit der TV-SAT und die neue Norm D2-MAC doch noch zur Anwendung kommen. Nach dem Willen des Bundespostministers sollen ARD und ZDF künftig ihre Hauptprogramme über den TV-SAT 2 ausstrahlen, vor allem zur Versorgung des Gebietes der ehemaligen DDR. Die Ministerpräsidenten der Bundesländer sollen bei ihrer nächsten Sitzung darüber entscheiden.

Ob es gelingt, den TV-SAT doch noch attraktiv zu machen, wird nicht nur bei der Endgeräteindustrie bezweifelt. Entwicklungen in der Technik lassen das TV-SAT-Konzept mit fünf Kanälen pro Satellit veraltet erscheinen. Der europäische, private Fernehsatellit Astra strahlt bereits 16 Programme aus, im Frühjahr 1991 sollen es mit einem zweiten Satelliten — auf dem die ARD schon einen Kanal gebucht hat — 32 Programme werden und später eventuell 48. In den USA plant der Medien-Unternehmer Murdoch mit der Firma Hughes (General Motors) ein Projekt mit 108 Kanälen (Sky Cable). Das Motto lautet: viele Programme mit einfacher Empfangsmöglichkeit. Das ist beim TV-SAT bisher nicht der Fall.

Die Bundespost Telekom kündigte an, daß sie noch 1990 über die Auswahl und Gestaltung eines Satellitensystems der zweiten Generation mit 15 bis 20 deutschsprachigen Programmen aus einer Orbitposition entscheiden will. Bis zur Inbetriebnahme wird es noch Jahre dauern.