TLANTISCHEREISEGEMEINSCHAFT

American Society of Travel Agents (ASTA) tagte in Hamburg

VONPETERHERMES

Die Heidelberger Schloßruine, das Oktoberfest auf der der Wiesen, bayerische Lederhosen und der Eiserne Vorhang waren bisher die Bilder, die den US-AmerikanerInnen beim Gedanken an Deutschland in den Sinn kamen. Das wird sich bald ändern, denn die Hansesadt will nun das Highlight des zukünftigen US- Tourismus werden. Nahezu 7.000 — hauptsächlich amerikanische — Delegierte, die sich vom 7. bis 12. Oktober auf der 60. Jahrestagung der American Society of Travel Agents (ASTA) in der Stadt tummelten, sollen den HanseatInnen dabei behilflich sein, die amerikanischen TouristInnen anzulocken.

Die ASTA-Tagung, die sich Hamburg nach jahrelangen Bemühungen an Land gezogen hatte, ist der weltweit größte Kongreß der Reisebranche. Sie beschäftigte sich mit Betriebswirtschaft, dem Einsatz neuer Technologien und Verkaufsstrategien. Aber auch Themen wie „sanfter Tourismus“, Umweltschutz und spezielle Reiseangebote für Behinderte standen auf dem Programm. Dieses Jahr diskutierten die TouristikmanagerInnen erstmalig die Erschließung Osteuropas für den amerikanischen Reisemarkt.

„Wie organisiere ich eine perfekte Tour in das leider noch längst nicht perfekt organisierte Osteuropa“ war sicher die wichtigste Frage, die für eine touristische Vermarktung der ehemaligen Feindstaaten geklärt werden mußte.

Nachdem bereits im vergangenen Jahr die Zahl der Übernachtungen in Hamburg um 800.000 an die Vier- Millionen-Grenze gestiegen ist, verspricht sich die Wirtschaft der Elbmetropole einen wahren Dollarsegen, wenn die Stadt zum „gateway to the east“, dem Einfallstor der US- TouristInnen nach Osteuropa werden könnte. Dafür sollen die 7.000 Multiplikatoren zukünftig sorgen. Denn die ASTA ist aufgrund ihrer Größe (weltweit 23.000 Reiseveranstalter aus 129 Ländern) durchaus in der Lage, die Reiseströme zu beeinflussen.

Mit dieser perfekten Werbestrategie hofft die Hansestadt, nun selbst zum neuen Highlight des amerikanischen Reiseangebots werden zu können. Der Ami-Tourismus soll kräftig angekurbelt und von Heidelberg und München weg in das coole Hamburg umgelenkt werden. In Erwartung des großen Übernachtungsbooms gewährte das Hamburger Hotelgewerbe den KongreßteilnehmerInnen einen Preisnachlaß von insgesamt schätzungsweise zwei Millionen Mark. Der Senat beteiligte sich gleich mit 5,5 Millionen Mark an den auf 20 Millionen Mark geschätzten Konkreßkosten und die Wirtschaft half mit Sachspenden kräftig nach.

Damit diese Investitionen auch Früchte tragen, wurde die Hafenstadt den Gästen in den schillernsten Farben präsentiert. Hamburgs erster Bürgermeister Henning Voscherau machte den AmerikanerInnen sein Reich als ein ökologisches Paradies schmackhaft: „Die Naturfreunde unter Ihnen werden erfreut sein“. Ein pompöser „Deutschland-Abend“ mit Hamburgs High-Society, die größte Party, die es in den Räumen von Rathaus und Börse je gegeben hatte, festigte das Lernziel „Germany is wunderbar“ in den ASTA- Gehirnen.

Dort durften sie sich par excellence „eine kulinarische und kulturelle Deutschlandreise“ reinziehen.

Derart große Geschäfte brauchen natürlich eine psychologisch entspannte Atmosphäre. Zu Bildern vom Fall der Berliner Mauer und stinkenden Trabis unter dem Brandenburger Tor sang die farbige US- Sängerin Amy Keys „Let there be no mor walls between us“ (Laßt keine Mauern mehr zwischen uns sein). Offensichtlich mußte sie auf der Eröffnungsgala aber nicht nur die Ost- West-Spannungen musikalisch beerdigen, sondern auch die gegensätzlichen Wirtschaftsinteressen von EG und USA zumindest vorrübergehend zukleistern. So hatte Cord Hansen- Sturm, Sprecher der ASTA-Arbeitsgruppe „EG 92, was ändert sich (für die USA) im neuen Europa“ die Tourismus-Politik der EG heftig kritisiert. Er befürchtete, daß, „während die Reisebeschränkungen für US- TouristInnen in Europa fallen, gleichzeitig europäischen Reiseveranstaltern Vorteile verschafft und neue Barrieren gegen amerikanische Agenturen errichtet“ würden. Dies wäre besonders schlimm, weil die EG ihre Infrastruktur verbessere, während sich die Vereinigten Staaten mangels „money“ eine Verschlechterung derselben leisten müßten. Der einzige Ausweg aus dem Dilemma wäre eine „schrankenfreie Atlantische Reisegemeinschaft“.

Damit der Dollar auch für die amerikanischen Reiseveranstalter richtig ins Rollen kommt, müssten die Ölpreise fallen, der Terrorismus besiegt und der Kurs der US-Währung stabilisiert werden, war die Meinung vieler AmerikanerInnen. Es bleibt also noch viel zu tun für die schrankenfreie Atlantische Reisegemeinschaft. In diesem globalen Sinne äußerte sich auch Henry Kissinger, der, gesponsert von American Express, seine weltpolitischen Ansichten auf dem Kongreß zum besten gab.