SPD droht mit Kampfabstimmung

■ Die SPD in Mecklenburg-Vorpommern will mitregieren/ Hat die CDU dem ausgetretenen SPD-MdL Wolfgang Schulz Versprechungen gemacht?/ Spekulationen über West-Import in Sachsen-Anhalt

Berlin/Rostock (taz/afp) — Die Rostocker SPD ist sauer über ihren ehemaligen Genossen Wolfgang Schulz, der CDU und FDP mit seiner Stimme aus der Pattsituation heraushelfen will; sie hat aber in der Frage der Regierungsbildung in Mecklenburg-Vorpommern noch nicht aufgegeben. Die Landtagsfraktion möchte es auf eine Kampfabstimmung ankommen lassen, falls die CDU nicht vor der Regierungsbildung Gespräche mit ihr aufnimmt.

Der SPD-Vorsitzende Harald Ringsdorff erklärt am Donnerstag, seine Partei sei bereit, einen konstruktiven Beitrag zur Regierbarkeit des Landes zu leisten, ob in einer großen Koalition oder einer konstruktiven Opposition. Falls es zu keinem Gesprächsangebot komme, werde die SPD ihren Spitzenkandidaten Klaus Klinger als Gegenkandidaten zu Alfred Gomolka (CDU) aufstellen. Die Fronten zwischen Schulz und seinen ehemaligen Parteifreunden haben sich unterdessen weiter verhärtet. In einer Erklärung des SPD-Ortsvorsitzenden von Lütten Klein, Ronald Redmer, ist von „ernsten Zweifeln an der politischen Integrität“ des Abgeordneten und einem „Betrug seiner Wähler“ die Rede. Schulz war in Lütten Klein als Direktkandidat der SPD in den neuen Landtag eingezogen. Redmer forderte den Abtrünnigen auf, den Willen der Wähler zu respektieren und sein Mandat an die SPD zurückzugeben.

Nach dem Parteiaustritt von Schulz war es wegen der im Wahlgesetz enthaltenen Fristen nicht mehr möglich gewesen, einen Ersatzkandidaten zu benennen. Laut Redmer schien dies zunächst auch nicht notwendig, da Schulz wiederholt erklärt habe, er bleibe den Zielen und Idealen der Sozialdemokratie verbunden. Anlaß des Parteiaustrittes waren Anschuldigungen, Schulz sei informeller Mitarbeiter der Stasi gewesen. Wie der Pressesprecher der SPD, Thomas Schneider, erläuterte, seien diese Vorwürfe aus der Bevölkerung gekommen und die Partei habe ihnen nachgehen müssen. Eine Untersuchung habe eindeutig ergeben, daß der Bürgerschaftsabgeordnete und frühere Fraktionsvorsitzende nicht für das MfS tätig gewesen sei. Daraufhin sprach Ringsdorff Schulz im Fernsehn öffentlich von dem Vorwurf frei — am Montag, einen Tag nach den Wahlen also. In einem adn-Interview hatte Schluz erklärt, er wäre unmittelbar nach der Wahl wieder in die SPD zurückgekehrt, wenn sich der Kreisvorstand Rostock bei ihm entschuldigt hätte.

Konflikte mit dem Aussteiger hat es laut Schneider nicht mehr gegeben als mit anderen Funktionären auch. Allerdings gilt Schulz in SPD-Kreisen als persönlich ehrgeizig. So habe er beispielsweise Oberbürgermeister von Rostock werden wollen. Schulz habe an einem gewissen Maß an „Selbstüberschätzung“ gelitten. Möglich, daß ein Angebot Gomolkas den über seine ehemaligen Parteifreunde verärgerten Politiker da schnell zu überzeugen vermochte.

West-Import für Sachsen-Anhalt?

Zu Spekulationen über die künftige Kabinettszusammensetzung kam es am Freitag auch in Sachsen-Anhalt, wo ebenfalls die CDU und die Liberalen eine Koalition eingehen wollen. Nachdem die saarländische CDU am Vortag erklärt hatte, ihr Bundestagsabgeordneter Werner Schreiber solle dort Arbeits- und Sozialminister werden, erklärte die CDU-Sprecherin Ursula Böwe in Magdeburg, solche Spekulationen entbehrten jeder Grundlage. B.S.