Ost-Wirtschaft braucht 2.000 Milliarden Mark

■ Ostberliner Wirtschaftsinstitute: Bis Ende 1990 rund 600.000 Arbeitslose und zwei Millionen Kurzarbeiter

Berlin. Zur Sanierung der angeschlagenen Wirtschaft besteht nach Einschätzung des Ostberliner Institutes für angewandte Wirtschaftsforschung (IAW) in den ostdeutschen Bundesländern in den kommenden zehn Jahren ein Investitionsbedarf von etwa 2.000 Milliarden Mark. Das geht aus einer Studie über Trends und Perspektiven der ostdeutschen Wirtschaft hervor, über deren Ergebnisse am Sonnabend die Nachrichtenagentur 'adn‘ berichtete. Bis Ende 1990 erwartet das Institut einen Anstieg der Zahl der Arbeitslosen auf rund 600.000 und der Kurzarbeiter auf zwei Millionen. Auch im nächsten Jahr werde mit einer gleich hohen Zahl von Erwerbslosen und Kurzarbeitern gerechnet. Eine weitere dramatische Verschlechterung der Lage auf dem Arbeitsmarkt sagt das IAW für den Fall des sich bereits abzeichnenden Zusammenbruch des Osthandels voraus.

Auch das ehemalige Zentralinstitut für Wirtschaftswissenschaften der Akademie der Wissenschaften der DDR, jetzt Institut für Wirtschaftswissenschaften (IWW), schätzt die Lage pessimistisch ein. In einer Studie empfiehlt es den Branchen »zurückzufahren und stark auf effektive Profillinien einzuengen, die bereits international durch strukturelle Überproduktion gekennzeichnet sind«. Dazu gehören würde beispielsweise die Elektroenergieerzeugung, die Schwarzmetallurgie, die Grundchemie, die Leicht- und Textilindustrie und die Land- und Nahrungsgüterwirtschaft. Darüber hinaus müßten umweltschädigende Produktionen eingeschränkt bzw. eingestellt werden.

Das Institut ordnet von den 69 Industriebranchen elf als absolut schrumpfende Zweige und vier als ganz abzuschaffende Profillinien ein. Im Unterschied zur IWW beziffert es aber den Investitionsbedarf auf dem Gebiet der ehemaligen DDR bis 1995 auf rund 220 Milliarden DM, davon rund 100 Milliarden für Ausrüstungen. Zum Vergleich: 1988 wurden in der Industrie 44 Milliarden Mark investiert.

Die reale Entwicklung, schreibt das Institut, sei nicht nur eine Frage des Marktes, sondern würde durch die aktuelle Wirtschafts- und Finanzpolitik des Staates stark mitbestimmt. Prognosen seien daher schwierig. Eine eher optimistische Prognose wagte, im Unterschied zur IWW, aber das IAW. Das Ostberliner Institut rechnet nach einem »dramatischen Rückgang der Produktion« auf dem Gebiet der ehemaligen DDR bis Mitte 1991 mit einer baldigen Stabilisierung der wirtschaftlichen Entwicklung. aku