Öbszön, aber schön

US-Rapband „2 Live Crew“ vom Vorwurf der „Obszönität“ freigesprochen  ■ Aus Washington Rolf Paasch

Die Mitglieder der amerikanischen Rap-Gruppe „2 Live Crew“ sind am Wochenende von einem Gericht in Fort Lauderdale vom Vorwurf eines „obszönen Auftritts“ freigesprochen worden. Nachdem vor zwei Wochen der Besitzer eines Schallplattenladens in Florida für den Verkauf des „2 Live Crew“-Albums mit dem Titel „As Nasty As They Wanna Be“ („So fies wie's nur geht“) verurteilt worden war, kamen die Schöpfer der angeblich obszönen Rap-Rhapsodie besser weg. Nicht zuletzt, weil sich die Ankläger in dem viertägigen Gerichtsverfahren anstellten wie prüde Dilettanten. Zuerst wurde ihr Antrag auf eine schriftliche Präsentation der hypersexuellen Songtexte während des besagten Nachtclub-Auftritts der Rapper vom Richter nicht zugelassen. Als die nicht gerade beneidenswerte Detektivin Debbie Werner den Juroren dann die anzüglichen Worte vom amateurhaft aufgenommenen Tonband dekodieren mußte, versagten ihr Ohren wie Zunge. Während die rhythmisch hingerappten Verse in dem nicht minder lasziven Gegröle des Publikums untergingen, waren allein die Kommentare der als Zivilisten getarnten polizeilichen Aufnahmeleiter zu verstehen: „Ich glaub', eines der Mädchen hat ihre Hose ausgezogen.“ „Welche“, fragt da spontan der Kollege des Sheriffs.

Als dann am letzten Verhandlungstag der von der Verteidigung geladene schwarze Englischprofessor noch kurz die Geschichte afro-amerikanischer Sexualparodien referierte und die artistische Qualität der Rap- Texte mit Shakespeares Sonetten verglich, war der Urteilsspruch der Jury klar: obszön, aber schön, und auf keinen Fall illegal. Mit dem Prozeß gegen die „2 Live Crew“ wurde damit binnen kurzer Zeit zum zweiten Mal eine Anklage gegen Schöpfer und Präsentatoren explizit sexueller Kunstwerke abgewiesen. Schon am 5. Oktober war in Cincinnati der Direktor einer Ausstellung von Photographien des verstorbenen Robert Mapplethorpe vom Vorwurf der Obszönität freigesprochen worden.

Für Amerikas religiöse Fundamentalisten und Puritaner scheinen harte Zeiten anzubrechen. Bleibt zu hoffen, daß die erstrittene künstlerische Ausdrucksfreiheit von Amerikas RapperInnen in Zukunft vielleicht zur Produktion weniger frauenfeindlicher Werke genutzt wird.