Die Psychologie des „neuen“ Südafrika

■ Die Nationale Partei öffnet sich formal für alle Ethnien/ Vergangenheitsbewältigung steht noch aus

Johannesburg/Berlin (wps/taz) — Mit triumphalen Worten leitete Südafrikas Staatspräsident de Klerk am Freitag eine „historische“ Zäsur in seiner vor 76 Jahren gegründeten Partei ein: Die Nationale Partei (NP), die vor 42 Jahren die Apartheid gebar, öffne sich nun allen Ethnien. „Jetzt können wir alles, wofür wir stehen, moralisch und ethisch verteidigen“, meinte de Klerk. Der vierte und letzte regionale Parteikongreß stimmte ihm einhellig zu. Doch nur wenige Schwarze dürften sich entschließen, der Regierungspartei beizutreten. Noch lebt und leibt das „alte“ Südafrika, auch wenn die Apartheid-Gesetze peu à peu fallen.

„Für ein neues Südafrika“, prangte von NP-Transparenten und Postern, ja wurde selbst auf Weinflaschen gedruckt. Der Slogan, so der südafrikanische Journalist Allister Sparks am Wochenende in der 'Washington Post‘, sei bei vielen nicht mit der Abgabe weißer Macht an die schwarze Mehrheit verbunden, sondern mehr ein Zauberspruch, um aus der Kälte internationaler Ächtung wieder in der Wärme der Gemeinschaft aufzugehen.

De Klerk in Weißem Haus und Downing Street, ein absehbares Ende der Sanktionen wie gar des Sportboykotts — das zählte als kollektive Katharsis auf dem Konvent. Diese „Massenkonversion“, so Sparks, verkünde zwar ein „neues, gerechtes Südafrika“ — das impliziere jedoch nicht, daß das alte auch als ungerecht oder gar unmoralisch angesehen werde. Allenfalls sei man zu dem Zugeständnis bereit, daß Apartheid ein politischer Fehler gewesen sein könnte, eine Politik, die eben nicht funktioniert habe. Sparks Fazit: Wenn man den Reformer eines gescheiterten autoritären Regimes als „Gorbatschow vom Kap“ bezeichne, so dürfe man doch nicht verkennen, daß eine der Ent-Stalinisierung vergleichbare Vergangenheitsbewältigung am Kap (noch) nicht stattfinde. Dies führe zu einer Art Schizophrenie. Sparks zitiert ein Konventmitglied: „Wir von der Nationalpartei haben immer getan, was richtig war, auch wenn es unpopulär schien.“ AS