Asbest: Schule machte erstmal dicht

■ Massive Kritik an Schulträger und Sanierungsfirma in Verden / Abbeizer „Weißer Hai“ verboten

Inkompetenz, Ignoranz, verletzte Aufsichtspflicht — das waren nur einige Vorwürfe die sich Vertreter des Landkreises Verden gestern von SchülerInnen und LehrerInnen des Berufsschulzentrums anhören mußten.

Seit Sommer wird der Bau von der Bremer Sanierungsfirma Kaefer von asbesthaltigen Baumaterialien „entsorgt“. Die dabei eingesetzten Abbeiz- und Reinigungsmittel machen SchülerInnen und LehrerInnen verantwortlich für Kopfschmerzen, Übelkeit und Augenreizungen (vgl. taz vom 18.10.). Da die SchülerInnen sich von Landkreis und Gesundheitsamt über die Gesundheitsrisiken nicht ausreichend informiert fühlten, machten sie gestern morgen kurzerhand die Schule dicht. Auf Flugblättern forderten sie umfassende Schadstoffmessungen und eine wirksame Kontrolle der Sanierungsfirma.

Nach einer „Krisensitzung“ mit VertreterInnen von Personalrat und Schülervertretung stellten sich Kreisdirektor Jahn, Dr. Krüger vom Gesundheitsamt sowie Baudezernent Hans Wende den Fragen von gut 1.000 SchülerInnen, die sich in der Pausenhalle versammelt hatten. „So wie bisher läuft das mit uns nicht mehr“, artikulierte ein Schüler den allgemeinen Unmut. „Diese Schule ist die einzige, in der die Asbestsanierung bei laufendem Schulbetrieb stattfindet“, kritisierte ein anderer.

Möglichst schnell und möglichst billig war laut Bauamt die Prämisse, als im Frühjahr des Jahres die Asbestbelastung festgestellt wurde. Unterrichtsausfall sollte vermieden werden. Deshalb wurde, so Baudezernent Wende, auf eine öffentliche Ausschreibung des Sanierungsauftrages verzichtet. „Wir haben mehrere infrage kommende Firmen angeschrieben.“ Angebote sollten nach Quadratmeterpreisen gemacht werden. Detaillierte Auskünfte über Methoden und einzusetzende Mittel waren nicht gefragt.

Die Bremer Firma Kaefer erhielt den Zuschlag, „weil sie am günstigsten lag“, so Wende. Als Kaefer dann anrückte, kam es mehrfach zu Problemen: Nach den Sommerferien, in denen die ersten Räume saniert worden waren, fehlten in der Schule zahlreiche technische Geräte, darunter nagelneue Videokameras. Mittlerweile sind „Abgänge“ im Wert von annähernd 300.000 Mark registriert worden.

Als die ersten Kranheitsfälle in der Schule publik wurden, verbot das Gesundheitsamt der Firma den Einsatz des Abbeizers „Weißer Hai“. Trotzdem wurde das Mittel nach Beobachtungen der Schulleitung sowie von SchülerInnen und LehrerInnen weiter eingesetzt.

Als „kriminell“ bezeichnete ein Lehrer den Umgang der Firma mit Lösungsmitteln. Auch Dr. Krüger vom Gesundheitsamt bestätigte: „Die Firma hat Lösungsmittel in einer Form angewandt, die man so nicht durchgehen lassen kann.“

Dem Landkreis warf die Versammlung das Fehlen eines Sanierungskonzeptes vor. Er habe sich erst nach dem Auftreten von Krankheitsfällen und auch dann erst auf massiven Druck hin, Gedanken über den Ablauf gemacht. Bis nach den heute beginnenden Herbstferien soll darüber entschieden werden, wie es weitergeht. Die SchülerInnen fordern, daß künftig nur noch bei geschlossener Schule saniert wird. Denkbar ist laut Jahn auch eine Fortsetzung der Arbeiten in einzelnen, abgeschlossenen Abschnitten. Aber nicht nur mit dieser Entscheidung muß der Landkreis sich plagen, sondern auch mit mehreren Dienstaufsichtsbeschwerden, die LehrerInnen und Eltern bereits angekündigt haben. asp