Nach der Abschiebung zur Zwangsarbeit

■ Bremerhavener lehnen 3. Asylantrag ab / Inzwischen ist Agim O. illegal in die Bundesrepublik zurückgekehrt

Der Fall des 34jährigen Rom Agim O. wird immer verworrener. Der Asylsuchende, der trotz laufenden Asylantrages am 6. Oktober von seiner Familie getrennt und von den Behörden nach Jugoslawien abgeschoben wurde (vgl. taz vom 23.10.), lebt offenbar seit Montag letzter Woche wieder in Bremerhaven. Wie der Grüne Stadtverordnete Michael Frost erklärte, sei O. direkt nach seiner Abschiebung von den jugoslawischen Behörden inhaftiert worden, dann aber unter abenteuerlichen Umständen in die Bundesrepublik geflüchtet.

Nach der Darstellung Frosts, der sich auf ein Gespräch mit O. beruft, sei dieser vom 6. bis 9. Oktober in einem Zagreber Gefängnis inhaftiert und dann nach Kosovo gebracht worden. Dort sei er mit anderen Gefangenen zum Kanalbau und anderen Arbeitseinsätzen gezwungen worden. Der Vorwurf der jugoslawischen Behörden: O. habe sich als

Albaner für eine unabhängige Republik Kosovo politisch engagiert.

Bei einem Arbeitseinsatz außerhalb des Gefängnisses sei O. dann geflohen und illegal in die Bundesrepublik eingereist. Sein Hannoveraner Anwalt Klaus Rudolph hat daraufhin sofort eine Ergänzung zum laufenden Asylfolgeantrag geschrieben.

Noch während der Brief des Rechtsanwaltes an die Behörden unterwegs war, trudelte auf dem Anwaltsschreibtisch die Ablehnung des Hauptantrages ein, den Rudolph am 1. Oktober gestellt hatte. Auch dieser dritte Antrag, so teilte die Ausländerbehörde mit, begründe nicht glaubhaft, daß O. in Jugoslawien verfolgt würde. „Eine Ausreisefrist erübrigt sich, weil die Abschiebung bereits vollzogen ist“, teilten die Bremerhavener kurz und bündig mit.

Der grüne Stadtverordnete Michael Frost hat für den Beweis der abenteuerlichen Odyssee des Albaners O. eine Reihe von Dokumenten, die allerdings auf kroatisch verfaßt sind und noch übersetzt werden müssen. Anwalt Rudolph will die Ablehnung der Behörden unterdessen juristisch anfechten und mit dem Asylfolgeantrag die vorläufige Duldung seines Mandanten erzwingen.

Doch die Argumentation gegenüber den Behörden dürfte schwierig werden: Die Bremerhavener hatten ihre Ablehnung damit begründet, daß im dritten Antrag keine neuen Argumente gegenüber den ersten beiden Ablehnungsbescheiden glaubhaft gemacht werden konnten.

Ob das Schicksals O.s in Jugoslawien und seine Flucht jetzt die neuen Argumente für einen Asylantrag liefern könnten, wollte der Anwalt gestern noch nicht entscheiden. Er hofft, daß die Dokumente, die O, mitgeführt hat, genügend Beweise für eine politische Verfolgung liefern könnten. Knackpunkt der Auseinandersetzung: Wird O. in ganz Jugoslawien politisch verfolgt oder möglicherweise nur in der südjugoslawischen Provinz Kosovo?

Die Behörde hatte O. nämlich empfohlen, künftig im Norden des Landes zu leben, wo er als Albaner nicht verfolgt würde. Genau das bestreitet O. aber hartnäckig. Er habe monatelang in der nordjugoslawischen Stadt Ljubljana nur illegal und ohne behördliche Anmeldung leben können, bis ihm endlich die Flucht in die Bundesrepublik geglückt sei. Die Behörden wollen dagegen Beweise haben, daß O. in Ljubljana angemeldet gewesen sei und ohne Repressalien gelebt habe.

Auch beim Magistrat der Stadt Bremerhaven wird der Fall jetzt noch einmal aufgerollt. Behördensprecher Volker Heigenmooser empfiehlt dem 34jährigen O., „der übrigens kein Rom ist, sondern Albaner“, einen ganz neuen Asylantrag und keinen Asylfolgeantrag zu stellen. „Wenn er in Jugoslawien wirklich verfolgt worden ist, hat er damit eine bessere Chance, als wenn er die alten Ablehnungen nochmal anficht“, erklärte er gegenüber der taz.

Bisher sei nicht offiziell bekannt, ob O. tatsächlich zurückgekehrt sei, eine Fahndung ist nicht eingeleitet.

Markus Daschner