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: Moschee und Düngemittelfabrik

■ Eindrücke vom türkischen Fernsehtag, Mo., ZDF

Tilo Philips „Die tanzenden Derwische von Konya“ und Host Nagels „Ins Innere einer fremden Welt“ sind Filmberichte, die uns die Fremdheit der türkischen Kultur, bzw. die Probleme der wirtschaftlichen Angliederung an den Westen vor Augen führen sollen. Tilo Philips Film versuchte in aufrichtiger Weise den Sinn einer religiösen Praxis zu vermitteln, kam jedoch ein wenig wie diese Geographie-Filme daher, bei denen man als Schüler im Erdkunde-Unterricht immer eingeschlafen ist. Horst Nagel schwelgte in Schauwerten und schimpfte auf den türkischen Mann. Letzteres war auch ein unübersehbarer Akzent, der im dritten Teil des Fernsehspiels „Sinan Ohneland“ von Jasmin und Izzet Akay zu finden war. Der Film verfolgt die Geschichte des Jungen Sinan und seines Vaters Memo. Aus Angst vor der Verwarlosung seines Sohnes nimmt Memo Sinan mit nach Berlin. Der despotische Vater versucht seinen Sohn in die islamische Tradition zu pressen, die uns hauptsächlich dadurch vermittelt wird, daß man einem Huhn den Kopf abschneidet. Da tut es gut, wenn Sinan seinem Vater am Ende hinknallt: „Deine Zeit ist vorbei — jetzt fängt meine an.“

Es geht nicht darum, einen sogenannten „Macho“ zu verteidigen, sondern darum, klarzumachen, daß eine derart diskreditierende Begrifflichkeit das Produkt einer westlichen Perspektive ist, welche die Zwangsläufigkeiten und Notwendigkeiten einer sich über Jahrtausende entwickelnden Tradition erfolgreich ignoriert. Etwas behutsamer ging da Jürgen Haases Fernsehfilm „Eine Liebe in Istanbul“ vor, den man mit ein wenig gutem Willen so interpretieren kann, daß es an der Verschiedenheit der Kulturen und nicht an der Rückständigkeit einer der beiden liegt, daß da keine Verständigung möglich ist. Der gut situierte Deutsche Horst reist seinen türkischen Mietern in die Türkei nach, weil er in die in Hamburg geborene Nursim verliebt ist. Die ist jedoch schon seit langem dem Sohn des Nachbarn versprochen. Horst sieht, daß das alles nicht so einfach geht und beschließt, Türke zu werden. Nach ein paar Wochen auf dem Bau merkt er, daß das mit dem Hungerlohn nicht hinhaut, und als Nursim sich aus seiner Sicht indifferent verhält, bleibt immer noch das Flugzeug nach Hause. Die metaphorisch resümierende Trennscheibe auf dem Flughafen ist zwar eine Konzession ans Fernsehen, doch insgesamt ist dieser protzige Individualmythos, dieses doppelmoralische Wichtignehmen von „Gefühlen“ wenigstens ein bißchen aufgebrochen worden. Manfred Riepe