Bush-Veto gegen Minderheitenschutz

Der US-Präsident kippt das neue Bürgerrechtsgesetz/ Unternehmer drängten George Bush wegen angeblicher „Quotierungsregel“ für Minderheiten/ Bürgerrechtsgruppen sind enttäuscht  ■ Aus Washington Rolf Paasch

Als dritter Präsident in der Geschichte der Vereinigten Staaten — nach Andrew Johnson (1866) und Ronald Reagan (1988) — hat George Bush am Montag gegen ein Gesetz zur Erweiterung der Bürgerrechte sein Veto eingelegt. Die zuvor vom Kongreß verabschiedete „Civil Rights Bill 1990“ sollte sechs Entscheidungen des Obersten Gerichtshof relativieren, die im letzten Jahr die Rechte von ethnischen Minderheiten und Frauen bei Antidiskriminierungsverfahren beschnitten hatten. Die Vertreter schwarzer Bürgerrechtsgruppen, die George Bush nach den bitteren Reagan-Jahren einen erheblichen Vertrauensvorschuß entgegengebracht hatten, haben den Präsidenten für seine Entscheidung aufs heftigste kritisiert. Die Aussichten, daß der Kongreß das präsidentielle Veto mit einer Zweidrittelmehrheit überstimmen könnte, sind äußerst gering.

Gegen den Rat einiger enger Mitarbeiter und der wenigen afro-amerikanischen Mitglieder der Bush-Administration hatte der Präsident seinen Einspruch mit angeblich in dem Gesetz versteckten „Quotierungsregeln“ begründet. Weil es den KlägerInnen vor Gericht den Beweis diskriminierender Einstellungspraktiken erleichtere, so Bush, würden Unternehmer aufgrund ihrer juristischen Benachteiligung de facto zur Anstellung von Frauen und Mitgliedern ethnischer Minderheiten gezwungen, was auf eine Quotierung hinauslaufe.

Für die Vertreter von Bürgerrechtsbewegungen, Gewerkschaften und Frauenorganisationen, ja selbst moderate Republikaner, würde das neue Gesetz dagegen lediglich die seit zwanzig Jahren geltende — und erst 1989 durch die konservative Mehrheit des Obersten Gerichtshofes eingeschränkte — Antidiskriminierungsregelung wiederherstellen. Schon in einem Urteil des Obersten Gerichtshofes von 1971 war Arbeitgebern die Beweispflicht auferlegt worden, daß eine existierende Unterrepräsentation von Minderheiten in ihrer Belegschaft Ausdruck wirtschaftlicher Notwendigkeiten und nicht etwa diskriminierender Einstellungspraktiken sei. Das einzig wirklich Neue an dem jetzt abgelehnten Gesetz wäre die Möglichkeit für Frauen gewesen, von Arbeitgebern nach einem erfolgreichen Prozeß finanzielle Kompensation zu verlangen.

Mit seinem Veto dürfte George Bush, den Bürgerrechtler nun als „Reagan in Verkleidung“ beschimpfen, den Hoffnungen vieler Schwarzer ein Ende bereitet haben. Bisher hatte Bush bei Meiungsumfragen mit rund 70 Prozent der schwarzen Stimmen eine für einen republikanischen Präsidenten außergewöhnliche Bestätigungsrate erzielt.

Auf der einen Seite wird sein Veto die republikanischen Kandidaten bis zu den Kongreßwahlen und Gouverneurswahlen einige schwarze Stimmen kosten. Auf der anderen Seite werden Bushs Republikaner sich dadurch bei jenen weißen Wählern anbiedern können, die fest daran glauben, der Sozialstaat benachteilige arme Weiße gegenüber den durch Antidiskriminierungsgesetze bevorzugten Minderheiten.

Wie der Beinahe-Erfolg des krypto-faschistischen republikanischen Senatorenkandidaten David Duke in Louisiana vor wenigen Wochen zeigte, hat die Auseinandersetzung über Erfolg und Mißerfolg der Bürgerrechtsbewegung und der „Great Society“-Gesetze der 60er Jahre — mit der einsetzenden Wirtschaftskrise — gerade erst begonnen.