■ NOCH 3356 TAGE BIS ZUM JAHR 2000
: Stinkfaule Bienen

Killerbienen, alle Welt redet zur Zeit von Killerbienen. Dabei haben die kleinen Honigproduzenten ihren dramatischen Namen überhaupt nicht verdient. Die Killerbienen, eine Kreuzung europäischer und afrikanischer Bienenarten, entkamen vor 33 Jahren bei einem Züchtungsversuch in Brasilien und haben sich seitdem in weiten Teilen Südamerikas ausgebreitet. Sie sind etwas kleiner als ihre europäischen Artgenossen, dafür aber ein wenig aggressiver. Sie reagieren gereizter auf Eindringlinge und sie verfolgen ihre Opfer über weite Strecken. Der Stich der Killerbiene ist nicht gefährlicher als der anderer Arten, allerdings greift sie ihre Feinde in größeren Gruppen an und das kann dann schon verdammt ungesund werden. Die Horrormeldungen, wonach die Bienen bei einem Genversuch entstanden sein sollen, und wonach in Südamerika bereits mehrere hundert Menschen von den Killern zu Tode gestochen wurden, sind jedoch Wunschphantasien der Sensationspresse.

Seit einigen Jahren sind die Bienen auf einem unaufhaltsamen Zug nach Norden. Jetzt haben sie erstmals aus eigener Kraft die Vereinigten Staaten erreicht. US-Wissenschaftler haben an der Grenze zu Mexiko Stellung bezogen, um die Invasion der Killerbienen zu stoppen. Die überraschten Behörden hatten die Invasion eigentlich erst 1991 erwartet, doch letzte Woche teilte die Leiterin der Abteilung für Bienenforschung im US-Landwirtschaftsministerium, Anita Collins, voller Solz mit, ein Schwarm Killerbienen sei nahe der Grenze bei Hidalgo im Tal des Rio Grande gefangen worden. Man legte sofort eine drei Kilometer breite Quarantänezone um den Ort. Auch im weiteren Umkreis dürfen keine Bienen mehr transportiert werden. Und warum das ganze Theater? Weil die Killer mit dem sprichwörtlichen Fleiß ihrer Artgenossen nichts am Hut haben. Im Gegenteil, die Killerbienen sind stinkfaul und haben nicht die geringste Lust, sich ausbeuten zu lassen. Sie sind schwierig zu halten und erzeugen zwischen 20 und 60 Prozent weniger Honig als europäische Bienen, die auch in den USA aktiv sind. Amerikanische Imker fürchten nun, daß ihre Erträge drastisch sinken werden, wenn sich die Einwanderer mit den heimischen Völkern vermischen. Außerdem könnte die Ernte der Obstsorten zurückgehen, die bei ihrer Befruchtung auf Bienen angewiesen sind, wenn die aggressiven faulen Biester die Macht in den amerikanischen Bienstöcken übernommen haben. Karl Wegmann