PDS-Durchsuchung verteidigt

■ Partei kündigt Beschwerde an/ Durchsuchung der PDS-Zentrale Thema im Berliner Rechtsausschuß SPD-Chef Vogel hat „schwerwiegende Bedenken“ wegen der fehlenden richterlichen Anordnung

Berlin (dpa/taz) — Die nächtliche Durchsuchung der PDS-Zentrale in Berlin war gestern Gegenstand mehrerer Anfragen im Rechtsausschuß des Berliner Abgeordnetenhauses. In der Sache mußte die Justizsenatorin Jutta Limbach (SPD) die Abgeordneten allerdings vertrösten. Nähere Einzelheiten über die sowjetische Außenhandelsfirma „Putnik“ und ihren nach wie vor nicht auffindbaren Kontobevollmächtigten, das PDS-Mitglied Kaufmann aus Halle, konnte sie nicht mitteilen. Die Senatorin hat derweil erneut die nächtliche Durchsuchung der PDS- Zentrale verteidigt.

Am vergangenen Mittwoch hatte, wie berichtet, das Hallenser PDS- Mitglied versucht, in Oslo 70 Milionen Mark in bar von der Bank abzuheben. Die Spur des Geldes führte am Donnerstag zur PDS-Zentrale in Berlin (vgl. taz 21./22.10.) Die beteiligten Beamten hätten sich nach bisherigem Wissensstand „innerhalb des Ermessensspielraumes bewegt und nicht willkürlich gehandelt", hieß es gestern. Da die Befürchtung bestanden habe, die PDS könne von bevorstehenden Maßnahmen unterrichtet werden, sei das Gebäude „observiert" worden. Da sich abends im Haus noch Menschen aufgehalten hätten, habe man sich zu sofortigem Handeln entschlossen. Eine mögliche Verletzung der Immunität war gestern kein Thema. Nach Richtlinie für das Strafverfahren dürfen Abgeordnetenräume im Rahmen eines Strafverfahrens „gegen eine andere Person“ durchsucht werden.

Die Treuhand bestätigte gegenüber der taz, daß sie die beiden Konten der sowjetischen Firma Putnik in Oslo und Uetrecht habe sperren lassen. Sie hat dazu die Befugnis, da sie laut Einigungsvertrag die Verwaltung des Parteivermögens von der Untersuchungskommission übernehmen wird. Die Berliner Staatsanwaltschaft ermittelt inzwischen gegen drei namentlich bekannte Personen, auch führende Mitglieder der PDS seien „in Verdacht“.

Die PDS hat derweil angekündigt, sie werde durch den Anwalt Klaus Eschen vertreten, über den sie Beschwerde gegen das Verfahren und Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Verantwortlichen erheben werde. Eschen habe festgestellt, daß gemäß dem vor dem 2. Oktober geltenden DDR-Recht der Straftatbestand der „Untreue“ (§163) so definiert ist, daß das Ermittlungsverfahren unmöglich darauf gestützt werden könne. Die PDS-Überweisung erfolgte am 13.9., die Transaktionen auf den Putnik-Konten allerdings nach dem 3. Oktober.

Der SPD-Vorsitzende Hans-Jochen Vogel machte in Bonn „schwerwiegende Bedenken“ geltend, weil die Durchsuchung ohne richterliche Anordnung erfolgt sei. Der Bundestag wird sich voraussichtlich am heutigen Mittwoch in einer Aktuellen Stunde mit dem Fall befassen. K.W.