Viereinhalb Jahre für Giftmüllschieber

Wegen Verbrechen gegen die Umwelt verurteilte ein Gericht in Den Haag den Spediteur Simon Kemp  ■ Aus Amsterdam Henk Raijer

Ein Gericht im niederländischen Den Haag hat am Dienstag den ehemaligen Müllspediteur Simon Kemp (41) zu viereinhalb Jahren Knast verurteilt. Mit dem ungewöhnlichen Strafmaß sollten, so Gerichtspräsident Punt in seiner Urteilsbegründung, neue Maßstäbe bei der Verfolgung von Verbrechen gegen die Umwelt gesetzt werden: Simon Kemp, so der Richter, sei ein Mann, der als „Chef einer kriminellen Organisation“ eine „geradezu fatale Gleichgültigkeit der Umwelt und seinen Mitmenschen gegenüber“ an den Tag gelegt habe. Die Anklage hatte sechs Jahre für den berüchtigten Giftmüllentsorger gefordert. Im März des Jahres 1988 entdeckten Anwohner eines Golfplatzes in Alphen aan de Rijn „merkwürdige Dämpfe über dem Rasen“, unter dem sich wenige Jahre zuvor noch eine Hausmülldeponie befunden hatte. „Das puffte und brodelte wie ein Geysir“, berichtete eine Zeugin vor Gericht. Bodenproben ergaben eine Temperatur von sechzig bis achtzig Grad Celsius nur wenige Meter unter der Oberfläche. Etwa zur gleichen Zeit meldeten sich bei der Polizei ehemalige Fahrer des Müllspediteurs Simon Kemp und deckten in der Folge den bisher größten Umweltskandal des Landes auf. Hunderttausende Fässer giftigen Mülls habe Kemp in den Jahren 1978 bis 1981 in Alphen aan de Rijn sowie auf anderen Deponien in Delft, Rijsenhout und im belgischen Mellery illegal entsorgt. Urkundenfälschung, Korruption und bewußte Täuschung seiner Kundschaft bildeten den Alltag des erfolgreichen Unternehmers. Kemp bestach Deponieverwalter, seine Chemiebomben unter den Hausmüll zu mischen. Er kassierte Gelder für die teure Beseitigung von chemischen Abfällen, kippte sie aber anschließend in die Deponie Alphen aan de Rijn oder einfach nur in einen Bach. Er ließ seine Kunden in dem Glauben, daß er ihren Sondermüll in die belgische Sondermülldeponie Mellery fahre. Die Genehmigung dafür konne er vorlegen; allerdings war sie gefälscht. Über ein Jahr hatte die Staatsanwaltschaft an dem Fall gearbeitet, Bodenproben entnommen sowie Zeugen und Verdächtige gehört. Die Strafe sei hoch, und das habe seinen Grund, so die Anklägerin. Denn immer gebe es ein Gefälle zwischen den immensen Gewinnen und den strafrechtlichen Folgen. Mit den Kemp zusätzlich auferlegten hundertfünfzigtausend Gulden Strafe sollen Untersuchungen finanziert werden, um herauszufinden, welche Schäden die illegale Entsorgung verursacht hat. Das Haager Umweltministerium hat angekündigt, daß es Kemp für die vollständige Sanierung der Schäden zur Kasse bitten will.